BERLINER MORGENPOST: Noch keine Sache der Herzen Leitartikel von Gilbert Schomakerüber den neuen Vorstoß zu einer Fusion von Berlin und Brandenburg.

Die Stiftung Zukunft Berlin will das Thema wieder
auf die politische Agenda setzen: eine Fusion von Berlin und
Brandenburg. Der Thinktank, der vom ehemaligen Berliner
Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer geleitet wird, hat einige
interessante Ideen auf den Tisch gelegt. Die neu angeschobene
Diskussion kommt nicht aus einem luftleeren Raum, sondern nimmt
mögliche Zwänge vorweg, die durch das Auslaufen des Solidarpakts
anstehen. Bis 2019 wird es wohl eine Neuordnung der Finanzbeziehungen
zwischen Bund und Ländern geben. Weil Berlin das Bundesland mit den
meisten Zuwendungen ist, wird der Druck wachsen, sich für neue
Strukturen zu öffnen. Vor diesem Hintergrund hat die Stiftung ihre
Ideen vorgestellt. Berlin soll seinen Status aufgeben und in einem
Bundesland Berlin-Brandenburg aufgehen. Potsdam wäre dann
Landeshauptstadt dieses neuen Bundeslandes. Berlin würde den Status
der Hauptstadt mit Regierungssitz behalten. Der Bund müsste ein Teil
der Berliner Altschulden übernehmen und sich für bestimmte Kultur-
und Wissenschaftseinrichtungen verantwortlich zeigen. Für all diese
Vorschläge braucht man Grundgesetzänderungen und – das ist nicht zu
unterschätzen – die Zustimmung der Bevölkerung in Berlin und
Brandenburg.

1996 ist eine, damals von den Regierungen der Länder initiierte,
Volksabstimmung an Brandenburg gescheitert. In Brandenburg gab es
große Angst, durch eine Fusion einen wesentlichen Teil der
Eigenständigkeit zu verlieren. Die Ländervereinigung war eben keine
Angelegenheit, die das Herz der Menschen erreichte. Seitdem gibt es
auf vielen Gebieten eine Zusammenarbeit, um die Metropolenregion zu
fördern, beim Großflughafen BER, bei den Gerichten, bei der
Industrieansiedlung. Der neue Vorstoß der Stiftung Zukunft Berlin ist
deshalb auch im Wesentlichen rationellen Gründen geschuldet. Vieles
leuchtet ein. Auch Berlins Finanzsenator plädiert schon seit Längerem
dafür, dass der Bund einen Teil der Altschulden übernimmt. Aber nur
über das Geld wird man die Herzen der Menschen nicht erreichen.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte nach seiner
Wahl dann auch erklärt, er sehe keine Chance, mittelfristig ein
Zusammengehen zu realisieren. Auch in Berlin zeigen sich die
Verantwortlichen reserviert. Wenn schon die Spitzenpolitiker
abwinken, dann wird ein neuer Fusionsversuch nur scheitern.

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