Zehn Tage lang hat Angela Merkel dem gestrauchelten
Minister Karl-Theodor zu Guttenberg öffentlich die Treue gehalten.
Sie tat es mit abstrusen Formulierungen wie der, dass sie ja keinen
wissenschaftlichen Mitarbeiter, sondern einen Minister angestellt
habe. Deshalb war es gut, dass die Kabinettsumbildung nach
Guttenbergs Rücktritt binnen 24 Stunden über die Bühne gegangen ist.
Mit der raschen Ernennung von Dr.jur. Thomas de Maizière und
Dr.jur. Hans-Peter Friedrich hat Angela Merkel wenigstens den
Eindruck vermieden, als sei sie tatsächlich unschlüssig drüber
gewesen, ob Guttenbergs Rücktritt notwendig war. Ein solcher Eindruck
hätte den Aufstand der Akademiker gegen das Kanzleramt womöglich so
groß werden lassen, dass die CDU bei der Landtagswahl in
Baden-Württemberg, dem Land der vielen Universitäten, hätte Federn
lassen müssen. Mit zwei neuen Doktoren der Rechtswissenschaften als
Verteidigungs- und als Innenminister im Kabinett, zwei unbescholtenen
noch dazu, ist wenigstens diese Front wieder halbwegs begradigt. De
Maizière ist im Gegensatz zu Guttenberg ein enger Vertrauter Merkels.
Er kennt sich in den Künsten so gut aus wie Guttenberg, ist aber dem
Auftreten nach der Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger. Fast eine graue
Maus, obwohl keineswegs uneitel. In Zeiten, in denen der ähnlich
bescheiden auftretende, ebenfalls nicht uneitle Sozialdemokrat Olaf
Scholz in Hamburg plötzlich bürgerliche Wähler in Scharen zu sich
herüberholt, kann jemand wie Thomas de Maizière an vorderster Front
politisch vorteilhaft sein. Ob er die Bundeswehrreform vollenden
kann, die Guttenberg angestoßen hat, ist freilich eine andere Frage.
Mit der von ihm als Innenminister in Gang gesetzten Polizeireform hat
de Maizière bislang mehr Ärger als Erfolg gehabt. Das ist nun eine
Baustelle für den Franken Hans-Peter Friedrich, der gegenüber seinem
Parteichef Horst Seehofer mehrfach bewiesen hat, dass ihm die Angst
vor Fürstenthronen fremd ist. Trotzdem aber bleibt die Ersetzung des
Publikumsstars Guttenberg durch zwei unauffällige Politiker für
Angela Merkel ein riskantes Manöver. In Baden-Württemberg war
Karl-Theodor zu Guttenberg ein Wahlkampfschlager. Da ist plötzlich
eine große Leere entstanden. Daran mitbeteiligt waren Studenten der
Universität Konstanz. In solchen Städten kämpft Ministerpräsident
Stefan Mappus um jeden einzelnen Wähler. Wenn von denen jetzt welche
aus Empörung über Guttenbergs Rücktritt dem Wahllokal fernbleiben,
kann es für die CDU heikel werden. Dasselbe gilt, wenn Merkel und
Mappus diese Empörten bei der Stange halten wollen und dadurch
andere, die Guttenbergs Doktorarbeit für einen Verrat an bürgerlichen
Werten halten, zu den Grünen trieben. Die Aktivität der
Guttenberg-Anhänger im Internet lässt darauf schließen, dass das
Rücktritts-Thema noch nicht erledigt ist. Streit im Unionslager vor
einer Landtagswahl kostet die CDU meist Stimmen. Thomas de Maizière
und Hans-Peter Friedrich haben kaum eine richtige Chance, sich in
ihren neuen Ämtern bis zum 27.März so zu profilieren, dass
sich der Blick zurück auf Karl-Theodor zu Guttenberg von selbst
erledigt. Die fleißigen, unauffälligen neuen Minister können nur
hoffen, dass sich ihr solider Arbeitsstil im soliden Ländle noch
rechtzeitig genug herumspricht.
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