Berliner Zeitung: Kommentar zuMerkel in der Wulff-Affäre

Gesegnet mit der Gnade der ostdeutschen Geburt,
ist Merkel frei von Anfechtungen der Wulffschen Art. Undenkbar, sie
könne den Wunsch hegen, in einer Maschmeyer-Villa Urlaub machen, um
möglicherweise Geld zu sparen. Nun sieht sie sich genötigt, eine
Haltung des moralischen Laisser-faire zu verteidigen, die ihr
persönlich zuwider sein muss. Merkel hat ihre Partei 1999 aus dem
kriminellen Sumpf gezogen, in den Kohl, Schäuble und viele andere sie
geführt hatten. Dass nun ausgerechnet sie glaubt, moralische und
vielleicht auch juristische Zweideutigkeiten und Zwielichtigkeiten
verteidigen zu müssen, ist eine Art Treppenwitz dieser Geschichte. Es
ist ihre Unterstützung, die Wulff das Amt sichert. Merkel
interpretiert damit ihre Kanzlerschaft. In der Abwägung zwischen
politischer Stabilität und moralischer Hygiene entscheidet sie sich
für die das Überleben ihrer Regierung. Man könnte auch sagen, für die
Macht.

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