BIRKNER-Interview für die ?Neue Presse Hannover?

Berlin. Der FDP-Spitzenkandidat für die niedersächsische Landtagswahl und niedersächsische Umweltminister, Bundesvorstandsmitglied STEFAN BIRKNER, gab der „Neuen Presse Hannover“ (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte DIRK RACKE:

Frage: Laden Sie den Bundesvorsitzenden Philipp Rösler zu Wahlkampfauftritten in Niedersachsen ein?

BIRKNER: Ja, so wie wir auch andere Vertreter der Bundespartei im Wahlkampf dabeihaben werden.

Frage: Der Bundes-FDP scheint ein Rösler-Wahlkämpf zu riskant zu sein.

BIRKNER: Das, was da in Berlin kolportiert wird, würde ich nicht immer für bare Münze nehmen. Wir sehen auch an den Äußerungen von Herrn Kubicki, dass es immer wieder Versuche Einzelner gibt, sich selbst über die Kritik an Philipp Rösler zu profilieren. Diese Illoyalitäten sind unerträglich und müssen aufhören. Das schadet nicht nur Rösler, sondern auch der Partei.

Frage: Ist der FDP-Chef von Feinden umgeben?

BIRKNER: Ich wünsche mir mehr Zusammenhalt in der Bundesführung und erwarte von den Kollegen in Berlin und auch von den Landesvorsitzenden mehr Unterstützung für den Bundesvorsitzenden.

Frage: Wie soll die FDP die Fünf-Prozent-Hürde überspringen?

BIRKNER: Das macht mir keine schlaflosen Nächte. Die derzeit vier Prozent in den Umfragen in Niedersachsen zeigen, dass es machbar ist. Wir haben zehn Jahre gut regiert, und unsere Mitglieder sind motiviert und werden auch kämpfen.

Frage: Ministerpräsident David McAllister hat schon andere Koalitionen als Schwarz-Gelb ins Spiel gebracht.

BIRKNER: Natürlich kann man mit allen reden. Das ist eine Binsenweisheit. Aber wo sind die inhaltlichen Übereinstimmungen? Ich kann nur auch in Richtung CDU-Wähler sagen: Wer sicherstellen will, dass die CDU auf Kurs bleibt, findet in der FDP den Garanten dafür.

Frage: Was machen Sie als Minister anders als Ihr Vorgänger?

BIRKNER: Wir haben gut zusammengearbeitet und uns ergänzt, als ich sein Staatssekretär war. Aber ich bin eine andere Person, und natürlich ist auch mein Stil anders. Ich arbeite vor allem lösungsorientiert. So muss zum Beispiel ganz pragmatisch das Problem der Offshore-Netzanschlüsse gelöst werden – und zwar jetzt, weil wir die Energiewende zum Erfolg bringen wollen. Es ist auch eine einmalige Chance für die Küstenregion, weil Milliardeninvestitionen in den norddeutschen Raum fließen sollen.

Und wenn es mit dem Netzbetreiber Tennet nicht klappt, müssen wir über ein staatliches Engagement reden.

Frage: Was schwebt Ihnen vor?

BIRKNER: Die Idee ist, eine Offshore-Netzgesellschaft zu gründen, die mehrere Gesellschafter haben müsste, dazu gehören sicherlich Tennet und 50 Hertz, die im Küstenbereich für die Netzanschlüsse zuständig sind, und die staatliche Förderbank KfW, um die nötige Eigenkapitalausstattung sicherzustellen, die bisher fehlt.

Frage: Ist der Zeitplan für die Energiewende noch zu schaffen?

BIRKNER: Wir müssen alles unternehmen, um es hinzukriegen. Niemand sollte darauf spekulieren oder daraufhin planen, den Ausstieg aus der Kernenergie über das Jahr 2022 hinauszuzögern.

Frage: Haben die Energiekonzerne nicht ein Interesse daran?

BIRKNER: Ich glaube nicht, dass sie darauf spekulieren, die Energiewende zu behindern, um die Kernkraftwerke weiterlaufen zu lassen. Denn die haben in Deutschland definitiv keine Zukunft.

Frage: Das Nadelöhr ist Tennet?

BIRKNER: Das Nadelöhr der Energiewende ist eindeutig der Netzausbau, die andere Hürde wird die Kostenentwicklung sein. Im Herbst wird die Umlage für die erneuerbaren Energien voraussichtlich von 3,9 auf ungefähr fünf Cent pro Kilowattstunde steigen. Die Förderung der Erneuerbaren muss möglichst kostengünstig gelingen. Das müssen wir optimieren. Wir arbeiten gerade in einer FDP-Arbeitsgruppe unter meiner Leitung an möglichen Lösungen.

Frage: Weniger Solar- und mehr Windkraftförderung?

BIRKNER: Das kann ein Ergebnis sein. Windenergie ist relativ effizient. Da kriege ich für das Geld vergleichsweise viele Kilowattstunden heraus. Bei der Fotovoltaik gibt es auch das Problem, dass die Förderung nicht an deutsche Module gekoppelt ist. Das heißt, wir fördern die chinesische Solarindustrie, die günstiger produziert, und Arbeitsplätze in der deutschen Solarindustrie gehen kaputt. Das kann nicht richtig sein.

Frage: Wann gibt es ein Endlagersuchgesetz?

BIRKNER: Es gibt noch kein Datum für die abschließenden Gespräche. Die strittigen Punkte sind innerhalb weniger Stunden lösbar. Ich kann nur an den Spitzenkandidaten der SPD, Stephan Weil, und an die niedersächsischen Grünen appellieren, ihre Positionen zu überdenken und den Kompromiss nicht zu gefährden, indem sie auf einem Ausschluss von Gorleben bestehen. Eine offene Endlagersuche gibt es nur, wenn Gorleben im Topf bleibt, ohne in irgendeiner Form Vergleichsstandort zu sein. Wenn der Prozess scheitert, was bedeutet das denn? Dann haben wir nur Gorleben. Es ist an der Zeit, dass SPD und Grüne ihren Leuten die Wahrheit sagen.

Wulf Oehme
Sprecher der FDP

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