BLM-Präsident Schneider: „Exklusive Zero-Rating-Modelle gefährden den Wettbewerb“ / Studie im Auftrag der BLM zu Zero-Rating veröffentlicht

Nach einer von der Bayerischen Landeszentrale für
neue Medien (BLM) in Auftrag gegebenen Studie erhalten
Streamingdienste, die von Mobilfunkanbietern exklusiv über
Zero-Rating-Angebote vermarktet werden, Vorteile gegenüber
Wettbewerbern. „Zur Sicherung der Angebotsvielfalt müssten
Zero-Rating-Modelle grundsätzlich allen Anbietern offen stehen“, so
BLM-Präsident Schneider, der auch Vorsitzender der
Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten ist. Die jetzt durch
Goldmedia GmbH Strategy Consulting für die BLM erstellte Marktstudie
belegt, dass eine Debatte über Zero-Rating vor allem angesichts des
sich rapide ändernden Mediennutzungsverhaltens dringend notwendig
ist.

Zero-Rating-Angebote

Immer häufiger werden Audio- und Videoinhalte via Streaming über
mobile Endgeräte abgerufen. Das zeigen Studien wie der
BLM-/LFK-Web-TV-Monitor 2015 und der BLM-/BVDW-Webradiomonitor 2015.
Mobil werden in Deutschland jedoch vornehmlich nur kurze Inhalte
genutzt. Neben der Nutzungssituation spielen hier die begrenzten
Datenvolumina der Mobilfunkverträge eine zentrale Rolle.
Mobilfunkanbieter weltweit bieten daher zunehmend
Zero-Rating-Angebote für Streamingdienste an. Dabei wird die Nutzung
bestimmter Audio- und Video-Dienste nicht auf das jeweilige
Datenvolumen des Kunden angerechnet. Zero-Rating-Optionen werden in
der Regel exklusiv für einen Streaming-Dienst angeboten. Bekanntes
Beispiel in Deutschland ist die Vermarktungspartnerschaft zwischen
der Deutschen Telekom und Spotify. Bei Telekom-Mobilfunkkunden, die
ein „Music-Flat“-Angebot gebucht haben, wird die mobile Nutzung von
Spotify per App nicht auf das verfügbare Datenvolumen angerechnet.
Neben der Zusammenarbeit zwischen der Telekom und Spotify gibt es in
Deutschland weitere Vermarktungskooperationen zwischen
Streaming-Anbietern und Mobilfunkunternehmen. Dabei handelt es sich
jedoch nicht um Zero-Rating-Angebote.

Aus Sicht der Medienregulierung benachteiligen exklusive
Zero-Rating-Modelle alle anderen Anbieter und greifen so in den
publizistischen Wettbewerb ein.

Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel von T-Mobile US in
den USA. Das Unternehmen hat sein Zero-Rating-Programm für alle
Medienanbieter geöffnet, ohne dass diese für die Kosten der
Datennutzung aufkommen müssen. Die Mobilfunkkunden der Telekom in den
USA können dadurch unbegrenzt mobil streamen. Das Beispiel T-Mobile
US zeigt, dass die parallele Auslieferung einer Vielzahl von
Streamingdiensten (auf Basis angepasster Datenraten) technisch
möglich und wirtschaftlich offenbar tragfähig ist. Wettbewerber von
T-Mobile US wie AT&T und Verizon gehen inzwischen dazu über,
Daten-Sponsorings für Dienste- und Inhalteanbieter zu vermarkten.
Damit können Unternehmen die Nutzung ihrer Apps oder Inhalte für die
Mobilfunkkunden kostenfrei halten (d.h. keine Anrechnung auf das
Datenvolumen), in dem sie die Nutzungskosten übernehmen. Daneben
bieten jedoch fast alle Mobilfunknetzbetreiber in den USA auch echte
(d.h. unlimitierte) mobile Datenflatrates als Premium-Produkt an –
eine Alternative, die auf dem deutschen Markt bislang nicht zu finden
ist.

Zero-Rating aus rechtlicher Sicht

Am 25. November 2015 hat die Europäische Union die Telecom Single
Market-Verordnung veröffentlicht, in der es u.a. um Netzneutralität
geht. Die EU-Verordnung sieht keine expliziten Einschränkungen für
das Zero-Rating vor. Sie überlässt es jedoch den nationalen
Regulierungsbehörden, gegen mögliche Einschränkungen in der
Auswahlentscheidung des Endnutzers vorzugehen. Bis spätestens Ende
August 2016 muss es dafür Leitlinien geben. Zuständig für deren
Erarbeitung ist das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für
elektronische Kommunikation (GEREK). Die GEREK, in der für
Deutschland die Bundesnetzagentur vertreten ist, will im Juni einen
ersten Entwurf vorlegen.

In Deutschland gibt es derzeit noch keine expliziten
Regulierungsvorschriften zum Thema Netzneutralität. Die
Bundesnetzagentur, welche die regulatorische Aufsicht über die
Telekommunikationsmärkte in Deutschland ausübt, hat sich jedoch
bereits 2013 zur Praxis der Nichtanrechnung auf das Datenvolumen
geäußert: Demnach stellt die Nichtanrechnung von Spotify eine
Diskriminierung dar, da eine bestimmte Anwendung anders als andere
Anwendungen behandelt wird.

Position der Landesmedienanstalten

Nach dem aktuellen Rundfunkstaatsvertrag sind die
Landesmedienanstalten für die Plattformregulierung zuständig (vgl. §§
52 ff) mit Ausnahme von Plattformen (Netze) für die offene
Internetnutzung, die es Anbietern von Rundfunk und vergleichbaren
Telemedien ermöglicht, ihre Angebote unmittelbar bereitstellen zu
können. Durch die Tatsache, dass einzelne rundfunkähnliche Telemedien
von Mobilfunknetzbetreibern bevorzugt vermarktet werden, ist die
Plattformregulierung tangiert. Die Landesmedienanstalten fordern
deshalb, exklusive bilaterale Vereinbarungen zwischen Netzbetreibern
und einzelnen Inhalteanbietern zu untersagen. Damit soll verhindert
werden, dass sich Dienste- bzw. Inhalteanbieter Vorteile gegenüber
gleichartigen Anbietern verschaffen. In einer gemeinsamen Erklärung
der Gremienvorsitzendenkonferenz der Landesmedienanstalten und der
ARD vom Oktober 2015 heißt es: „Zero-Rating darf, soweit es
telekommunikationsrechtlich zulässig ist, nicht in den
publizistischen Wettbewerb eingreifen.“

„Zugang zu Zero-Rating-Modellen muss allen Anbietern offen stehen“

Aus Sicht von BLM-Präsident Schneider lässt sich aus der
vorliegenden Studie Folgendes ableiten: „Zero-Rating-Modelle, die auf
exklusiven Vereinbarungen mit einzelnen Inhalteanbietern beruhen,
gefährden den Wettbewerb zwischen den Anbietern auf dem zunehmend
wichtiger werdenden mobilen Verbreitungsweg. Deshalb müssen alle
Modelle, die es Mobilfunkkunden erlauben, zu vergünstigten
Konditionen auf Streaming-Inhalte zuzugreifen, grundsätzlich allen
Anbietern offen stehen. Dies muss auch für rein werbefinanzierte
Anbieter gelten. Eine entsprechende Regelung sollte auch in eine
novellierte Plattformregulierung im Rahmen des
Rundfunkstaatsvertrages Eingang finden. Hierbei müsste zusätzlich
berücksichtigt werden, dass Zero-Rating-Modelle, die direkt durch
Inhalteanbieter finanziert werden, das Ungleichgewicht zwischen
finanzstarken und finanzschwachen Anbietern weiter vergrößern“.

Zur Marktstudie zu Zero-Rating kommen Sie hier:
http://ots.de/Zl6je

Pressekontakt:
Dr. Wolfgang Flieger
Pressesprecher
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