Börsen-Zeitung: Augen zu und durch! Kommentar zur Deutschen Bank von Silke Stoltenberg

Augen zu und durch! Etwas anderes kann man den
Aktionären und Mitarbeitern der Deutschen Bank gar nicht mehr raten.
Es brennt immer noch an so vielen Stellen im Konzern, dass die
Umschreibung von 2016 als „Übergangsjahr“, die vom Co-Vorstandschef
John Cryan stammt, vollends dem Anspruch des für Briten üblichen
Understatements genügt. Blut-Schweiß-und-Tränen-Durchhalteparolen
wären allerdings angebrachter als Euphemismen. Beispiel gefällig?
Strebte die Bank einst eine Eigenkapitalrendite von 25% an, steht sie
heuer bei 1,6%. Der harte Sanierer Cryan will die Bank durch
Restrukturierung und extreme Vergangenheitsbewältigung dermaßen auf
Vordermann bringen, dass ihm das Bild, das der Branchenprimus im
laufenden Jahr beim Geschäftserfolg abgibt, egal ist.

Je schlechter das Bild ausfalle, umso mehr Erfolg habe man bei den
Aufräumarbeiten, sagt Cryan. Nach dem Rekordverlust von 6,8 Mrd. Euro
kann es in diesem Jahr natürlich nur besser werden. Doch der
überraschende Gewinn zu Jahresbeginn gibt ein trügerisches Bild für
das Gesamtjahr, es droht erneut ein Verlust. Schließlich war ein
enorm verringerter Rechtsaufwand Grund für den Quartalsgewinn. Gerade
von dort sind in den nächsten Monaten wieder steigende Lasten zu
erwarten.

Operativ hingegen sah es bitter aus. Die Erträge rauschten vor
allem im Wertpapierhandel, im Emissionsgeschäft und in der
Übernahmefinanzierung hinunter. Zwar hellte sich das
Investment-Banking-Geschäft im März und April wieder auf, aber wegen
der globalen Unsicherheiten sind die Aussichten in diesem
Geschäftsfeld 2016 nicht gut. Und trotz aller
Diversifizierungsbemühungen sind 58% der Erträge der Deutschen Bank
abhängig vom Investment Banking inklusive der Transaktionsbank.

Daneben gibt es noch die Vermögensverwaltung mit reichen und
normalen Kunden, ein Geschäft, dass parallel mit den Märkten aufblüht
oder leidet. Die Frage lautet also: Woher sollen die Erträge kommen,
um den zahlreichen Belastungen etwas entgegenzusetzen? Diese Frage
hat nicht zuletzt Auswirkungen auf das Versprechen des Managements,
nicht noch einmal das Kapital zu erhöhen. Die Abermilliarden der
vergangenen Jahre gingen nach dem Prinzip „linke Tasche, rechte
Tasche“ sofort in die Beilegung der Rechtsstreitigkeiten. Die
Kapitaldecke selbst ist für die Argusaugen der Regulatoren zu
fadenscheinig. Selbst die angepeilten 12,5% oder mehr im Jahr 2020
könnten zur Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben und vielen
Sonderzuschläge nicht reichen.

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