Für den Neuen an der BMW-Spitze war es kein
Auftakt nach Maß. Der Zwischenbericht, den der seit Mitte Mai
amtierende Vorstandschef Harald Krüger präsentierte, legt die
Baustellen des Autokonzerns offen. Während er daran feilt, die
langfristige Strategie seines Amtsvorgängers Norbert Reithofer zu
überarbeiten (Stichwort Digitalisierung), kommen die Einschläge immer
näher.
Die größte Baustelle für die Münchener ist zweifellos China. Der
Wachstumsmotor im Reich der Mitte, zuvor ein verlässlicher
Ergebnisbringer, ist ins Stottern geraten. Die Erklärungen des
Topmanagements, dass dies abzusehen gewesen sei und sich der Markt
nun normalisiere, wirken beschwichtigend. Klar ist, dass die
Entwicklung in der Volksrepublik auch die BMW-Führung überrollte. Nun
muss der weiß-blaue Konzern gegensteuern, damit die Lage in China
hinsichtlich der Preise nicht aus dem Ruder läuft, schließlich
verkauft der Konzern jedes fünfte Fahrzeug auf dem weltgrößten
Automarkt. Die Lösung, die Lagerhallen in China drastisch abzubauen,
indem überzählige Modelle in die USA verschifft werden, um sie dort
an den Mann (oder die Frau) zu bringen, eröffnet aber neue
Baustellen. Denn so reagieren Wettbewerber ebenfalls auf den
empfindlichen Dämpfer in China. Die Folge: Auch im zweitgrößten
Einzelmarkt für BMW geraten die Preise und damit die Margen aufgrund
eines wachsenden Angebots unter Druck. Vor diesem Hintergrund bleibt
für den Vorstand kurzfristig die Hoffnung, dass die im Herbst auf den
Markt kommende neue, renditestarke BMW-7er-Generation Impulse bringt.
Auf lange Sicht droht aber Ungemach an anderer Front. Infolge der
rasanten Aufholjagd von Daimler kann sich BMW nicht mehr so sicher
fühlen, ihre Position als führender Anbieter im Premiumsegment
dauerhaft zu behaupten. Zwar halten die Münchener die Stuttgarter
hinsichtlich der Absatzzahlen immer noch auf Abstand, bei den
Finanzdaten ist dies aber nicht mehr der Fall. Im ersten Halbjahr
überholte Mercedes-Benz Cars sogar die Kernsparte von BMW bei den
Eckdaten Umsatz (40,6 Mrd. versus 40,5 Mrd. Euro), operatives
Ergebnis (4,1 Mrd. vs. 3,6 Mrd. Euro) und Rendite (10% vs. 8,9%). Das
mag für manche nur eine Momentaufnahme sein, es zeigt aber, dass
Anspruch und Wirklichkeit bei BMW im Vergleich zum wieder erstarkten
Konkurrenten auseinanderklaffen können. Fünf Monate vor Beginn des
BMW-Jubiläumsjahrs 2016 (100-jähriges Bestehen) zeigt sich für Krüger
auch hier eine weitere Baustelle.
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