Wenn sich die Mitglieder des
Offenmarktausschusses der US-Notenbank am kommenden Dienstag und
Mittwoch zu ihrer nächsten Sitzung treffen, hält die Finanzwelt den
Atem an. Wird die Federal Reserve (Fed) bereits mit dem „Tapering“
beginnen und das konjunkturstützende Bondkaufprogramm einschränken?
Dass ein solcher Schritt noch 2013 erfolgen wird, darüber sind sich
praktisch alle Fed-Watcher einig. Die Frage ist aber, ob sich die
Notenbank nicht eventuell bis Dezember Zeit lässt. Derzeit gehen die
Marktteilnehmer überwiegend davon aus, dass Fed-Chairman Ben Bernanke
schon in der neuen Handelswoche das Programm von derzeit 85 Mrd.
Dollar pro Monat auf 75 Mrd. Dollar kürzen wird. Dies ist in der Tat
die wahrscheinlichste Variante, zumal sie auch mit der bisherigen
Kommunikation der Fed konsistent wäre. Bernanke hatte zuletzt auf die
Lage am Arbeitsmarkt abgestellt, und zumindest die Arbeitslosenquote
bewegt sich in die richtige Richtung. Zudem ist man innerhalb der Fed
wegen des mittlerweile völlig aus dem Ruder laufenden Portfolios der
von der Fed gehaltenen Wertpapiere (siehe Grafik) ernsthaft besorgt.
Hand am Geldhahn
Sollte es so kommen, dass die Fed bereits jetzt am Geldhahn dreht,
dürften sich die Marktreaktionen in Grenzen halten. Ein Absturz von
Aktien der etablierten Märkte und weitere kräftige
Renditesteigerungen von US-Treasuries und Staatsanleihen der
EU-Kernländer sind nicht zu erwarten – wenn der Fed bei der
begleitenden Kommunikation kein Fehler unterläuft. Letzteres ist ein
äußerst wichtiger Punkt, zumal die Kommunikation der Notenbank in den
vergangenen Monaten und Jahren nicht immer widerspruchsfrei gewesen
ist. Bernanke muss am Mittwoch glaubwürdig vermitteln, dass der
Offenmarktausschuss den Termin für die erste Zinserhöhung nicht
bereits insgeheim vorverlegt hat. An den Märkten fokussiert man sich
inzwischen auf diese Perspektive eines ersten Zinsschritts. Bernanke
hat zuletzt deutlich gemacht, dass es neben einer Inflationsrate von
weniger als 2,5 % für eine Zinserhöhung darauf ankommt, dass die
Arbeitslosenquote 6,5 % oder weniger beträgt. Nach der aktuellen
Projektion der Entwicklung des Arbeitsmarktes (siehe Grafik) könnte
das bereits in der zweiten Jahreshälfte 2014 der Fall sein. Eine
derart frühe Zinswende haben die Märkte allerdings noch nicht
eingepreist. Will Bernanke also deutliche Reaktionen insbesondere bei
langlaufenden Staatsanleihen verhindern, muss er verbal sehr deutlich
machen, dass eine Leitzinserhöhung bereits im kommenden Jahr nicht
angedacht wird.
Jobsuche aufgegeben
Er könnte daher beispielsweise die Zielgröße der Arbeitslosenquote
von 6,5 % auf einen niedrigeren Wert senken. Ein Argument dafür ließe
sich finden: Der jüngste, überraschend deutliche Rückgang der
Arbeitslosenquote auf 7,3 % ist zu einem guten Teil eben nicht auf
eine günstige konjunkturelle Entwicklung zurückzuführen, sondern
schlicht darauf, dass ein nennenswerter Teil der älteren Arbeitslosen
mittlerweile die Jobsuche aufgegeben und damit den Arbeitsmarkt
verlassen hat.
Alternativ könnte sich der Offenmarktausschuss aber auch dafür
entscheiden, mit dem „Tapering“ noch bis zur nächsten Sitzung im
Dezember zu warten. Die Notenbankauguren, die dies für den
wahrscheinlichsten Ausgang der Zinssitzung vom Dienstag und Mittwoch
halten, befinden sich zwar in der Minderheit. Ihr Anteil ist zuletzt
jedoch gestiegen. Sie verweisen darauf, dass die Zahl der netto neu
geschaffenen Jobs in den USA zuletzt hinter den Erwartungen
zurückgeblieben ist.
Eine derartige Verschiebung würde vermutlich deutlichere
Reaktionen auslösen, weil sich so mancher Marktteilnehmer auf dem
falschen Fuß erwischt fühlen dürfte. Allerdings würde auch eine
solche Entscheidung mit der bisherigen Geldpolitik durchaus im
Einklang stehen, so dass darauf zurückzuführende Kursgewinne bei
Aktien und Anleihen wohl nicht von nachhaltiger Natur wären.
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