Sozialdemokraten in ganz Europa blicken gerade
wohl mit Anerkennung und Neid auf Portugal, wo die PS von
Ministerpräsident António Costa am Sonntag mit fast 37 Prozent der
Stimmen einen achtbaren Wahlsieg einfuhr. Zwar verpasste Costa sein
Maximalziel einer absoluten Mehrheit im Parlament, allerdings nur
knapp. Er kann fortan gleich auf mehrere Partner zugreifen und ist
nicht mehr vollständig von der Gunst des Linken Blocks und der
Kommunisten abhängig. Die Anleihemärkte honorierten am Montag das
Wahlergebnis, das stabile politische Verhältnisse gewährleisten
sollte.
Portugal zeigt, dass ein Land, das den harten Sparkurs der Troika
am eigenen Leib zu spüren bekommen hat, nicht unweigerlich eine
komplette Umwälzung seiner politischen Landschaft und den Aufstieg
populistischer Parteien erleben muss. Mit Chega sitzt in Portugal nun
als ziemlich letztem Land in Europa auch eine rechtsradikale Kraft im
Parlament, jedoch mit nur einem einsamen Abgeordneten. Die beiden
großen Parteien – Costas Sozialisten und die konservative PSD –
behaupteten am Sonntag zusammen gut zwei Drittel der Stimmen.
Ein Wehmutstropfen war dagegen die geringe Wahlbeteiligung von
knapp 55 Prozent. Beachtenswert ist, dass die Portugiesen den
Konsolidierungskurs von Costa und dessen Finanzminister und
Eurogruppenchef Mário Centeno akzeptiert haben und die linken
Parteien mit ihren Versprechen von mehr Sozialausgaben nicht zulegen
konnten. Costa scheint es gelungen zu sein, die eigene Gesellschaft
von seiner behutsamen Fiskalpolitik zu überzeugen, obwohl noch längst
nicht alle schmerzhaften Folgen der Krise behoben wurden.
Für das kommende Jahr plant man in Lissabon sogar schon
Haushaltsüberschüsse ein. Costa hätte also etwas Spielraum, um sich
die Unterstützung der Linken im Parlament zu sichern. Für die
notwendigen Strukturreformen, etwa zur Steigerung der schwachen
Produktivität, könnte der Ministerpräsident dagegen möglicherweise
auf die Konservativen zurückgreifen, die sich dafür bereits angeboten
haben. Denn trotz der Haushaltsüberschüsse und eines
Wirtschaftswachstums von knapp 2 Prozent sind die Herausforderungen
und Risiken groß. Die Staatsschulden liegen immer noch über 120
Prozent der Wirtschaftsleistung und Portugal ist übermäßig vom Export
und dem jüngsten Tourismusboom abhängig. Angesichts der dunklen
Wolken am globalen Horizont kann Portugal nun auf eine noch stärkere
Regierung zählen als in den letzten vier Jahren.
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