Börsen-Zeitung: Der Nächste, bitte, Kommentar von Detlef Fechtner zum zunehmenden Druck der Finanzmärkte auf Portugal

Am Freitag hat Portugals Regierung erfreuliche
Entwicklungen berichtet. Die Wirtschaft des Landes sei 2010 deutlich
stärker gewachsen, das Defizit planmäßig gesunken. Aber das hat wohl
niemanden mehr richtig interessiert.

Allem Anschein nach – und den Spreads zufolge – trauen die
Finanzmärkte Portugals Regierung sowieso kaum mehr eine Rettung aus
eigener Kraft zu. Wenn es ihr morgen nicht gelingen sollte, sich zu
einigermaßen vernünftigen Konditionen ausreichend Geld am
Anleihemarkt zu beschaffen, wird es deshalb für Portugal schwierig,
sich nicht dem Euro-Rettungsschirm zu unterstellen.

Die Geschichte der Entwicklung in den vergangenen Tagen ist
alarmierend. Denn sie veranschaulicht, wie tief das Misstrauen sitzt
– und wie klein die Chancen für eine Regierung sind, die Gunst der
Investoren zurückzuerobern, wenn diese erst einmal den Daumen gesenkt
haben. Wie bei den Griechen, wie bei den Iren – und wie nun womöglich
bei den Portugiesen und demnächst eventuell bei den Spaniern.

Man mag sich – vor allem als Portugiese – darüber ärgern, dass die
Finanzmärkte allen Sparanstrengungen zum Trotz bei ihrem harten
Urteil bleiben und einen nach dem anderen in den Rettungsfonds
drängen: der Nächste, bitte. Und man mag es Investoren nicht gönnen,
wenn sie daran verdienen, dass Zinsen von Schuldnern in die Höhe
schießen, die im Notfall aufgefangen werden. Kurzfristig lässt sich
daran aber wenig ändern.

Die Spanier können sich zwar damit beruhigen, dass ihre Banken im
Falle eines portugiesischen Hilfsantrags nicht mehr um ihre
Engagements im Nachbarland bangen müssen. Aber auch ihnen kann schon
bald das Schicksal drohen, in einen ähnlichen Sog zu geraten.

Für die Euro-Partner heißt die Lehre: keine Atempause bei der
Absicherung der Stabilität. Wer gehofft hatte, dass nach den Ansagen
aus Fernost, europäische Schulden kaufen zu wollen, erst einmal Ruhe
einkehrt in Euroland, der wird schon kurz nach Jahresbeginn
enttäuscht. Der Druck, dem sich Portugal ausgesetzt sieht, ist ein
Warnsignal für die EU. Die Schärfung des Stabilitätspakts muss im
Frühjahr gelingen, erst recht die Einrichtung eines langfristigen
Rettungsmechanismus. Und zuvor müssen die Aufseher Stresstests
organisieren, deren Ergebnisse glaubwürdig sind. Sonst droht ein Fall
nach dem anderen – und zwar im doppelten Sinn.

(Börsen-Zeitung, 11.1.2011)

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