An den Aktienmärkten konnte in der gerade
abgelaufenen Woche ein bemerkenswerter Stimmungsumschwung beobachtet
werden. Als auf den Tickern die Nachricht auftauchte, dass im Ringen
zwischen der griechischen Regierung und ihre Kreditgebern eine
Kompromisslösung zustande gebracht worden war, begannen die Kurse
ihre Avancen der Vorwoche auszubauen. Der Dax erreichte bei 11788 den
höchsten Stand seit dem Ende Mai und lag zuletzt mit einem Wochenplus
von 4,3% bei 11673 Punkten. Auch in Asien und in Amerika legten die
Märkte zu, in New York erreicht der Nasdaq Composite sogar einen
historischen Höchststand.
Bemerkenswert ist aber insbesondere die Entwicklung der
Volatilitätsindizes, die als Angstindikatoren interpretierbar sind.
Sie sind in der abgelaufenen Woche drastisch zurückgegangen. So
sackte der VDax New, der am 3. Juli ein Hoch von 32,05 erreicht
hatte, am Freitag bis auf 18,24 Punkte und damit auf den tiefsten
Stand seit dem 15. April ab, womit er innerhalb von zehn Handelstagen
um bis zu 43% eingebrochen war. Sein amerikanisches Gegenstück Vix
büßte in nur fünf Tagen knapp 40% ein, laut Bloomberg die stärkste
Abwärtsbewegung dieses Volatilitätsindex seit Beginn seiner
Berechnung vor einem Vierteljahrhundert.
Positiver Saisonstart
Dass die Angst aus den Märkten entweicht, ist aber nicht nur dem
Griechenland-Drama zuzuschreiben. Auch die Stabilisierung am
eingestürzten chinesischen Aktienmarkt trug zu der Beruhigung bei. In
Europa kommt hinzu, dass der Euro trotz des Griechenlandskompromisses
deutlich nachgab. Das stützt den Markt zusätzlich, weil damit die
Entwicklung der Unternehmensergebnisse gestützt wird. Von dieser
Seite, die nun mit der herannahenden ersten Leitzinserhöhung der Fed
beginnt, Griechenland als dominierenden Einflussfaktor abzulösen,
gingen bislang insgesamt positive Impulse für die Aktienmärkte aus.
Aufgrund der Angst vor einem Grexit und Sorgen über das Wachstum
Chinas – so die Commerzbank – habe der Dax seit Mitte April
schmerzhafte Rückschläge erlitten. Der Ergebnistrend der
Dax-Unternehmen habe dagegen stark von der Abwertung des Euro zum
Dollar und zum chinesischen Renminbi um 20% profitiert. Im
zurückliegenden Quartal hätten Analysten ihre Prognosen für die
Ergebnisse je Aktie in diesem Jahr für 21 der 30 Dax-Gesellschaften
nach oben revidiert. Innerhalb des MDax hätten 29 von 50 Unternehmen
positive Ergebnisrevisionen gehabt. Derzeit liegt die
Konsensschätzung für den aggregierten Gewinn je Aktie des Dax bei
rund 800, nachdem sie Ende 2014 noch knapp 780 Indexpunkte betragen
hat. Die Commerzbank glaubt, dass der schwache Euro in den kommenden
Wochen für weitere positive Veränderungen der Ergebnisprognosen
sorgen wird, auch wenn die Dax-Unternehmen mit Analysten verstärkt
über die negativen Auswirkungen des sich verlangsamenden chinesischen
Wachstums sprechen sollten.
Die BayernLB glaubt zwar, dass die Wahrscheinlichkeit eines Grexit
unverändert hoch ist und das Griechenland-Thema wieder für Unruhe am
Aktienmarkt sorgen wird. Trendbestimmend werde dies an den
Aktienmärkten auf Sicht der nächsten Monate jedoch wohl nicht werden.
Solange die Ansteckungseffekte auf die übrige Euro-Peripherie
begrenzt bleiben, wofür wahrscheinlich die EZB sorgen werde, würden
die negative Effekte an den Aktienmärkten auch im Grexit-Fall
voraussichtlich moderat ausfallen. „Dieser Erwartung liegt unsere
Annahme zugrunde, dass die sonstigen entscheidenden marktrelevanten
Faktoren – Geldpolitik, Konjunktur, Unternehmensgewinne – insgesamt
unterstützend wirken“. Als positiv wertet die Bank auch die Tatsache,
dass die Fonds laut der globalen Umfrage von Bank of America Merrill
Lynch ihre Liquiditätsbestände deutlich erhöht haben.
Auch die Landesbank-Baden-Württemberg glaubt, dass nun der
Griechenlandfaktor als Treiber der Aktienmärkte an Kraft verlieren
wird. „Auch wenn die nach wie vor schwierige Situation rund um Hellas
weiterhin für hohe Volatilität sorgen dürfte, gehen wir davon aus,
dass nun fundamentale Faktoren wieder stärker in den Fokus rücken und
als Impulsgeber fungieren werden“. Dazu zähle die Berichtssaison zum
zweiten Quartal 2015, die weitere Gewinnverbesserungen erwarten
lasse. Außerdem sei der Dax mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von ca.
13 inzwischen wieder etwas günstiger als im historischen
Median-Vergleich. Auch die Dividendenrendite, die weit über dem
Renditeniveau von Bundesanleihen liege, spreche für ein Engagement in
Aktien.
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