Die Übernahmeschlacht geht weiter: Nasdaq OMX
und Intercontinental Exchange (ICE) wenden sich mit ihrer Offerte zum
Erwerb von Nyse Euronext direkt an die Aktionäre, nachdem sie vom
Nyse-Board schon zweimal einen Korb bekommen haben. Erwartungsgemäß
hat auch dieser Schritt den Verwaltungsrat des New Yorker
Börsenkonzerns, der die Fusion mit der Deutschen Börse beschlossen
hat, nicht umstimmen können.
Damit geht der Prozess der feindlichen Übernahme seinen Weg.
Zunächst werden sich Nasdaq und ICE nun bemühen, über den Markt so
viele Aktien wie möglich zu erwerben. Danach werden sie eine
außerordentliche Hauptversammlung (HV) einberufen, in der eine
Mehrheit der Aktionäre für den Deal mit Nasdaq und ICE stimmt – wenn
es denn so kommt, wie sich das Nasdaq-Chef Robert Greifeld und
ICE-Boss Jeffrey Sprecher erhoffen.
Derzeit sieht es aber eher danach aus, als ob die feindliche
Übernahme nicht zustande kommt. Dafür sprechen mehrere Gründe. So
weist die Nyse-Satzung eine Stimmrechtsbeschränkung für den Fall auf,
dass ein Aktionär mehr als 20% der Anteile erwirbt. Ob sich mit
dieser Regelung auch ein „Acting in Concert“, also ein
abgesprochenes, gleichgerichtetes Handeln von Aktionären aushebeln
lässt, ist unklar. Gleichwohl wird das Bestreben, eine HV-Mehrheit zu
erlangen, durch die Regelung erschwert.
Entscheidender ist aber noch, dass die Prämie, die Nasdaq und ICE
bieten, immer mehr zusammenschmilzt. Sie beträgt nur noch etwas mehr
als 3 Dollar je Aktie bzw. rund 800 Mill. Dollar und damit weniger
als Hälfte des Ausgangswerts. Die Übereinkunft von Nyse Euronext und
Deutscher Börse gewinnt also wieder im Vergleich dazu an
Attraktivität. Insofern rächt sich, dass die unter sinkenden
Aktienkursen leidenden Nasdaq und ICE mit Blick auf die hohe
Verschuldung der Nasdaq nur einen vergleichsweise kleinen Baranteil
von 14,50 Dollar je Aktie bieten. Viele Beobachter gehen davon aus,
dass erst eine Anhebung der Offerte von insgesamt 42,50 Dollar auf
rund 50 Dollar den Angreifern Erfolg bescheren würde. Dies könnte
sich die Nasdaq aber wohl kaum leisten.
Insofern sind Nyse-Chef Duncan Niederauer und
Deutsche-Börse-Vorsteher Reto Francioni gut beraten, derzeit nichts
zu unternehmen und dem Drängen der Aktionäre auf eine weitere
Nachbesserung vorerst nicht nachzugeben. Denn für Nasdaq und ICE
läuft die Zeit allmählich ab.
(Börsen-Zeitung, 4.5.2011)
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