Das Abgleiten der US-Konjunktur in eine zweite
Rezessionsphase ist unwahrscheinlicher geworden. Beruhigte in der nun
abgelaufenen Handelswoche zunächst der unerwartete Anstieg des
Einkaufsmanagerindex für die Industrie die nervösen Gemüter, setzte
vor dem Wochenende der Arbeitsmarktbericht für August ein zweites
Ausrufezeichen: Außerhalb der Landwirtschaft gingen im August
lediglich 54000 Stellen verloren, also gerade einmal halb so viele
wie von Volkswirten im Durchschnitt prognostiziert. Im Juni und Juli
betrug das Minus nach den nun revidierten Zahlen zusammen noch
226000.
An den Finanzmärkten ließen die Reaktionen nicht lange auf sich
warten. Die Aktienmärkte profitierten vom Anstieg der
Risikobereitschaft, maßgebliche europäische Indizes wie der Dax und
der StoxxEurope50 zogen am Freitagnachmittag schlagartig an und
verbuchten zum Handelsschluss deutliche Zuwächse. Der Euro zog im
Verhältnis zum Dollar ebenfalls an und näherte sich 1,29 Dollar. Am
Anleihemarkt gaben hingegen die Notierungen nach, und die Renditen
lösten sich von den jüngst erreichten Rekordtiefständen. Zugleich
fiel der Goldpreis, der zuvor Kurs auf sein Allzeithoch genommen
hatte, bis auf 1238 Dollar je Feinunze zurück.
Verunsicherung hat Bestand
Damit hat sich die Lage an den Finanzmärkten binnen fünf Tagen
stark entspannt. Vor Wochenfrist war schließlich noch die Furcht vor
enttäuschenden US-Daten zu spüren, die vermutlich zu einer weiteren
Abkehr von den Börsen und zu einem neuen Run auf Bundesanleihen
geführt hätten. Für eine Entwarnung ist es allerdings viel zu früh,
denn es steht fest, dass sich die US-Konjunktur – und in der Folge
auch die europäische – abkühlen werden. Seriöse Anhaltspunkte über
das Ausmaß der Abkühlung sind weiterhin nicht in Sicht. Daher ist es
wahrscheinlich, dass die Verunsicherung an den Märkten weiterhin
Bestand haben wird – auch wenn die Akteure nun mehr Hoffnung haben
dürfen, dass die befürchtete zweite Rezession in den USA nur Theorie
bleiben wird.
Ein Signal für eine Trendwende am US-Arbeitsmarkt senden die nun
vorgelegten Zahlen nicht. Nach wie vor gehen in der größten
Volkswirtschaft der Welt Arbeitsplätze verloren. Zu denken gibt
darüber hinaus der recht schwache Aufbau neuer Arbeitsplätze im
Privatsektor in Höhe von 67000; zudem lässt sich von der Stagnation
der geleisteten Arbeitsstunden im verarbeitenden Gewerbe ein
negativer Hinweis auf die Entwicklung der Industrieproduktion
ableiten. Immerhin: Der Durchschnitt der Stundenlöhne stieg moderat
um 0,3% gegenüber dem Vormonat. Davon geht etwas Hoffnung für die
weitere Entwicklung des privaten Konsums aus, der die tragende Säule
der US-Wirtschaft ist.
Die kommenden Wochen bleiben also sehr spannend, zumal in den
kommenden Tagen kaum richtungsweisende Indikatoren zur
Veröffentlichung anstehen. Zur Wochenmitte wird die US-Notenbank
Federal Reserve ihren Konjunkturbericht Beige Book vorlegen. Nachdem
die Währungshüter in den vergangenen Tagen ihre skeptische
Einschätzung bezüglich der konjunkturellen Entwicklung bereits
deutlich gemacht haben, müsste das Papier schon sehr überraschende
Erkenntnisse transportieren, um großen Einfluss auf die
Risikobereitschaft der Anleger zu nehmen. Von höherem Interesse
dürfte daher die nächste Statistik vom Arbeitsmarkt sein, auch wenn
es sich dabei „nur“ um die Anzahl der wöchentlichen Erstanträge auf
Arbeitslosenhilfe handelt. In den zurückliegenden Wochen verharrte
die Anzahl der Erstanträge auf sehr hohem Niveau. Sollte sich auch
hier eine Verbesserung andeuten, wäre damit sicherlich die Hoffnung
verbunden, dass sich die Lage am Arbeitsmarkt mittelfristig
entspannen kann.
Der Impuls für die von einigen Banken für das Schlussquartal
prognostizierte Kursrally an den Aktienmärkten können die
wöchentlichen Daten nicht sein. Deshalb steht auf kurze Sicht in
jedem Fall die Fortsetzung der seit Monaten währenden volatilen
Seitwärtsbewegung an. Womöglich wird sich die Konjunkturskepsis erst
dann legen, wenn die Unternehmen im Oktober über das dritte Quartal
berichten – vorausgesetzt, die Zahlen fallen überwiegend positiv aus
und die Unternehmen nähren die Hoffnung, dass sich die Gewinne bis in
das neue Jahr hinein positiv entwickeln werden.
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