Börsen-Zeitung: Ein hoher Preis, Kommentar zum Quartalsergebnis der Deutschen Bank, von Björn Godenrath.

Wenn es so etwas wie ein gebrauchtes Quartal
gibt, dann hat die Deutsche Bank genau so etwas im Zeitraum Juli bis
September erlebt. Milliardenschwere Altlasten in Form von
Rückstellungen für Rechtsstreite sowie eine branchenweite Flaute im
Handel mit festverzinslichen Instrumenten haben den Vorsteuergewinn
auf magere 18 Mill. Euro schrumpfen lassen. Ein Ergebnis, mit dem man
schlecht bei Investoren Eindruck schinden kann, vor allem, wenn die
eigentlich mehrere Schippen mehr erwartet hatten. Mit dem 5 Mrd.
Dollar schweren US-Hypothekenvergleich von J.P.Morgan aber
konturierte sich für die Deutsche kurzfristig eine Richtgröße für den
eigenen Vorsorgebedarf. Der wurde um zusätzliche 1,2 Mrd. Euro
aufgestockt, rund 700 Mill. Euro mehr als erwartet.

Mehr als 4 Mrd. Euro sind nun für Rechtsrisiken reserviert. Und
man muss nicht über hellseherische Gaben verfügen, um zu prophezeien,
dass noch mehr hinzukommt. Nach der Libor-Strafe der Rabobank dürfte
für die Deutsche Bank auch hier eine Vergleichssumme bald näher
abzuschätzen sein. Aus Investorensicht ist es einerseits zu begrüßen,
dass damit Stück für Stück Unsicherheiten aus der
Gewinn-und-Verlust-Rechnung eliminiert werden. Andererseits schmerzt
es natürlich, dass Anleger im Frühjahr Aktien für 3 Mrd. Euro
zeichneten und diese Liquidität nun wohl in die Kassen staatlicher
Aufseher abfließen dürfte. Aber das ist nun mal der Preis, den man zu
zahlen hat für das Erbe einer Konzernführung, die kurzfristiges
Gewinnstreben über eine lupenreine Compliance-Kultur stellte.

Trotz der Altlasten hat die Deutsche Bank nach neun Monaten
immerhin 2 Mrd. Euro netto verdient. Was sich in absoluten Zahlen
imposant anhört, wird relativiert, wenn man die Eigenkapitalrendite
von 4,8% zur Kenntnis nimmt. Das ist bei dem Anspruch der Deutschen
Bank einfach zu wenig. An der Rendite nagen auch
Restrukturierungskosten sowie die Effekte der hurtigen
Bilanzverkleinerung – von der dämpfenden Wirkung des
Niedrigzinsumfelds ganz zu schweigen. Und dann herrscht seit dem
Sommer auch noch Flaute in dem für die Deutsche Bank so wichtigen
Handel mit festverzinslichen Produkten – ein zyklisches Phänomen,
welches das Investment Banking kurzfristig weiter bremsen wird.

Unter diesen Voraussetzungen sind zweistellige
Eigenkapitalrenditen nur schwer zu realisieren. Nicht von ungefähr
wird die Aktie gut ein Drittel unter ihrem Buchwert gehandelt. Denn
Investoren haben weniger Angst vor einem gebrauchten Quartal als vor
gebrauchten Jahren.

(Börsen-Zeitung, 30.10.2013)

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