Präsident Barack Obama muss sich im Wahlkampf 
derzeit – erwartungsgemäß – eine Menge Vorwürfe gefallen lassen. Das 
US-Haushaltsdefizit und die Arbeitslosenquote seien zu hoch, das 
Wirtschafts- und Jobwachstum zu niedrig. Über die großzügig 
bemessenen Rettungsgelder für angeschlagene Banken und Versicherer in
der Finanzkrise haben sich zuletzt allerdings nur noch Hardliner der 
republikanischen Partei beschwert. Das liegt wohl daran, dass die 
US-Regierung hier einiges richtig gemacht hat, wie auch der jüngste 
Mehrheitsverkauf beim Versicherer American International Group (AIG) 
zeigt.
   2009 wurde das Börsenkürzel AIG als Folge der sich auf mehr als 
180 Mrd. Dollar summierenden Rettungspakete bereits als Abkürzung für
„And It–s Gone“ („Und es ist weg“) verballhornt. Mittlerweile steht 
der US-Finanzminister Timothy Geithner kurz davor, mit der Nothilfe 
einen Gewinn zu erzielen – vor gut dreieinhalb Jahren schien das noch
undenkbar. Zu verdanken ist die überraschende Lukrativität der 
Rettung nicht zuletzt dem streitbaren CEO Ben Benmosche. Dieser war 
von der Obama-Administration Mitte 2009 auf den Chefsessel von AIG 
gesetzt worden, zeigte sich in der Folge allerdings alles andere als 
dankbar. Der Kongress bestehe nur aus „Verrückten“, erklärte er 
seinen Angestellten bereits am ersten Arbeitstag. Der damalige New 
Yorker Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo, wie Präsident Obama ein 
Demokrat, verdiene es nicht, „in der Regierung zu sein“. Zudem 
forderte er einen Privatjet für sich und drohte, den Job 
hinzuschmeißen, wenn nicht bald die von der Regierung festgelegte 
Gehaltsobergrenze angehoben werde.
   Kurz: Sympathiepunkte hat Benmosche in seiner Amtszeit sicher 
nicht gesammelt. Dafür hat er über zahlreiche Devestitionen den 
US-Steuerzahlern ihr Geld in unerwartet kurzer Zeit fast komplett 
zurückgezahlt. Überhaupt ist der US-Fiskus nach eigenen Angaben bei 
der Bankenrettung insgesamt schon mit 20 Mrd. Dollar im Plus. In 
Deutschland kann davon derzeit nur geträumt werden. Bei einigen 
Instituten wie der Hypo Real Estate ist ohnehin nicht viel zu 
erwarten. Aber auch bei der Commerzbank, die bisher nicht einmal die 
Zinsen für die stillen Einlagen zahlen konnte, ist nicht absehbar, ob
und wann die Staatsgelder zurückfließen werden. Vielleicht auch, weil
ein politisch derart unkorrekter Kandidat wie Benmosche, der den 
Politikbetrieb hasst, hierzulande keine Chance hätte, den Job des 
Chefs eines staatlich gestützten Konzerns zu bekommen – geschweige 
denn zu behalten.
(Börsen-Zeitung, 11.9.2012)
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