Nach dem kurzfristigen Sturz von der
gefürchteten „Fiskalklippe“ haben US-Präsident Barack Obama und die
republikanische Opposition zwar für eine sanfte Landung gesorgt.
Beide Kongresskammern haben Steuererhöhungen für wohlhabendere
Haushalte abgesegnet und damit womöglich die nächste Rezession
verhindert. Aber dringend notwendige Sparmaßnahmen wurden erneut auf
die lange Bank geschoben. Bei der Einigung handelt es sich um einen
faulen Kompromiss, denn gelöst ist die Schuldenkrise der weltgrößten
Volkswirtschaft noch längst nicht.
Seitdem Präsident George W. Bush von seinem Vorgänger Bill Clinton
2001 einen ansehnlichen Haushaltsüberschuss von 236 Mrd. Dollar
geerbt hat, sind die Vereinigten Staaten nämlich immer tiefer in die
roten Zahlen gerutscht. Ursache dafür sind neben den Kriegen in Irak
und Afghanistan auch jene Steuersenkungen, die Bush damals
durchsetzen konnte, wenn auch befristet. Die Staatsschulden haben
zwischenzeitlich die gesamte jährliche Wirtschaftsleistung der USA
überstiegen, die damit auf griechische Verhältnisse zusteuern.
Um den Staatshaushalt wieder ins Lot zu bringen, sind umfangreiche
Reformen notwendig. Steuererhöhungen für die Reichen sind nur ein
Beginn. Auch müssen Obama und die Republikaner sich auf sinnvolle
Sparmaßnahmen einigen und insbesondere gesetzliche Ausgabenprogramme
anpacken. Demografische Veränderungen werden während der kommenden
Jahrzehnte nämlich dazu führen, dass sowohl die staatlichen
Krankenversorgungsprogramme als auch die gesetzliche
Rentenversicherung verstärkt in Anspruch genommen werden.
Ohnedies handelt es sich bei der nun gefundenen Übereinkunft um
nichts anderes als einen Aufschub der Hinrichtung, der weder das
Vertrauen in die US-Wirtschaft stärkt noch in die Fähigkeit der
Politiker, ernsthafte Fortschritte zu erzielen. Dass Obamas Freude
über seinen vermeintlichen Etappensieg sich in Grenzen hielt, ist
daher verständlich. Denn er weiß sehr wohl, dass er nur wenige Wochen
von der nächsten Schlacht entfernt ist. Sehr bald werden nämlich jene
Bilanztricks erschöpft sein, mit denen Finanzminister Timothy
Geithner die staatliche Schuldengrenze derzeit umgeht. Auch werden in
zwei Monaten automatische Ausgabenkürzungen greifen, die dann immer
noch das Wachstum abwürgen könnten. Ein umfassender, breit angelegter
Haushaltskompromiss ist unverzichtbar. Sonst wird sich das ganze
Debakel gerade wiederholen.
(Börsen-Zeitung, 3.1.2013)
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