Chinas Wirtschaft hat im ersten Quartal ein
Wachstum von 6,4 Prozent hingelegt. Das ist genauso viel wie im
vorangegangenen Quartal und genauso wenig wie auf dem Höhepunkt der
Finanzkrise – insgesamt also eher kein Grund zum Jubeln. An
asiatischen und westlichen Börsen zeigt man sich indes hoch erfreut,
denn es sieht nun ganz danach aus, dass die weltweit zweitgrößte
Volkswirtschaft dem zuletzt heftigen Abkühlungsdruck standzuhalten
vermag und die bislang von der Zentralregierung verabreichte
Stimulierungsmedizin ihre Wirkung entfaltet. Der chinesische Patient
befindet sich nun in stabiler Seitenlage, könnte man auch sagen.
Zwei wesentliche Risikofaktoren für die Weltwirtschaft in diesem
Jahr beginnen sich damit zu entschärfen: Chinas Wirtschaft als
besonders wichtige Kraft für die globale Konjunktur scheint trotz
einiger Kreislaufschwäche nicht zwangsläufig weiter zu erlahmen. Im
Handelskonflikt zwischen China und den USA wiederum gibt es zwar noch
keinen endgültigen Durchbruch, aber genügend Annäherungsmanöver, um
darauf zu hoffen, dass der für quälende Unsicherheit sorgende
Konflikt in einer Handelsvereinbarung anstatt einer weiteren
Eskalation der Strafzollsystematik mündet.
Die jüngsten Monatsdaten aus dem Reich der Mitte machen noch etwas
stutzig. Die Industrieproduktion ist mit 8,5 Prozent nach zuvor 5,3
Prozent so kräftig angezogen, dass man eher an einen Ausreißer als
ein Indiz für eine nachhaltige Dynamisierung im verarbeitenden
Gewerbe denken mag. Im Zweifelsfall haben saisonale Faktoren im
Zusammenhang mit dem auch als Frühlingsfest bezeichneten chinesischen
Neujahr und eine von handelspolitischen Fortschritten geprägte
Stimmungswende erst einmal nur einen kräftigen Ruck durch die
chinesische Industrie gehen lassen.
Für Skeptiker ist dies Anlass genug, vor einem Double Dip – also
einer nur kurz währenden Stabilisierung des Wachstums mit der
nächsten Delle im raschen Anschluss – zu warnen. Der Double Dip ist
allerdings ein Phänomen, das man von westlichen Industrieländern,
aber nicht von China kennt. Die staatlichen Wirtschaftslenkungskräfte
haben dies stets zu verhindern gewusst.
Auch gegenwärtig sieht es danach aus, dass die Stimuli, allen
voran ein kräftiger fiskalischer Impuls über ein gewaltiges
Steuerentlastungspaket, gerade erst begonnen haben, Wirkung zu
entfalten – und zwar sowohl in der Industrie als auch beim
Konsumenten. Es duftet damit eher nach einem konjunkturellen Frühling
in China als nach einem schon wieder einsetzenden Herbst.
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