Börsen-Zeitung: Gaudi oder Gouda, Kommentar zur Deutschen Telekom von Stefan Paravicini

Klar, es sind nicht nur die USA, die die Zahlen
der Deutschen Telekom im vergangenen Jahr in allen wesentlichen
Kategorien zweistellig nach vorn gebracht haben. Die Stabilisierung
im Heimatmarkt und darüber hinaus auch in den meisten europäischen
Auslandsmärkten hat ebenfalls dazu beigetragen, dass der Dax-Konzern
seine Ziele in Teilen übererfüllt und die Erwartungen des
Kapitalmarktes teils geschlagen hat, wie CEO Timotheus Höttges in
Bonn betonte.

In erster Linie ist es aber natürlich die Entwicklung der
amerikanischen Mobilfunktochter, die zusammen mit dem relativ starken
Dollar die Stimmung magenta färbt. Das ist schon deshalb kein Erfolg
zweiter Klasse, weil man der Telekom ein Kunststück wie den
Turnaround bei T-Mobile US erst einmal nachmachen muss. John Legere,
der unkonventionelle Statthalter vor Ort, hat daran entscheidenden
Anteil. Ohne das Durchhaltevermögen der Mutter – die nach den
gescheiterten Verkaufsversuchen freilich wenig Alternativen dazu
hatte – wäre die cashintensive Neupositionierung aber nicht gelungen.

Die Telekom habe zuletzt auch Glück gehabt, dass viele ihrer
Wetten aufgegangen sind, sagte Höttges und meinte damit unter anderem
die USA. In den Niederlanden geht er jetzt eine ähnliche, wenn auch
deutlich kleinere Wette ein. Den Verkaufsprozess für die
Mobilfunktochter im Nachbarland hat Höttges auf Eis gelegt, weil die
Gebote von den Finanzinvestoren Warburg Pincus und Apollo hinter den
Erwartungen zurückblieben, wie zu hören ist. Jetzt wollen sich die
Bonner erst einmal darauf konzentrieren, die operativen Probleme der
Tochter zu lösen.

Die Zeit drängt, denn der Zusammenschluss von Vodafone mit dem
Kabelnetzbetreiber Liberty Global in dem Land erhöht den Druck auf
T-Mobile Netherlands. Hinzu kommt, dass die Telekom aufs Geld schauen
muss. Sie hat gerade – wie versprochen – die Dividende erhöht. Da
verbietet es sich, in Kürze einen Rückzieher zu machen, weil der
Druck auf den Cash-flow steigt, etwa weil in den Niederlanden „in den
Markt investiert“ wird.

Die Wette ist Ausdruck des gestiegenen Selbstvertrauens, für die
Problemfälle im eigenen Portfolio am Ende eine gute Lösung finden zu
können. Das ist der Telekom aus einer schwachen Wettbewerbsposition
zuletzt in Großbritannien gelungen, wo sich der Konzern über den
Verkauf des Joint Ventures EE eine stattliche Beteiligung an BT Group
gesichert hat. Es werden noch Wetten darauf angenommen, ob Höttges in
den Niederlanden am Ende eine ähnliche Gaudi haben wird oder die
Investoren die Portfoliostrategie Käse finden.

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