Geht es nach der Statistik, müssen die Anleger 
in den kommenden Wochen auf der Hut sein. Denn der September ist im 
langjährigen Durchschnitt der schwächste Börsenmonat des Jahres. 
Allerdings taugt die Statistik nicht wirklich zu einer zuverlässigen 
Prognose für das Abschneiden des Aktienmarktes im Spätsommer – und im
oftmals ebenfalls ungemütlichen Herbst. Derzeit muss sie auch erst 
gar nicht bemüht werden, um eine vorsichtigere Haltung zu empfehlen. 
Denn es braut sich auch so schon genug potenzielles Unheil zusammen, 
das für eine Phase stärkerer Verunsicherung und erhöhter Volatilität 
sorgen könnte.
   Ebenso brisant wie unberechenbar ist die geopolitische Situation. 
Nach der Eskalation der Lage in Ägypten droht nun ein militärischer 
Schlag gegen das Assad-Regime in Syrien. Dies wird in der nächsten 
Zeit die Risikobereitschaft der Marktteilnehmer dämpfen. Darüber 
hinaus meldet sich die Euro-Schuldenkrise zurück. In Italien hat die 
Regierungskoalition Risse gezeigt. Die Partei Silvio Berlusconis hat 
gedroht, die Koalition platzen zu lassen, falls der ehemalige 
Ministerpräsident nach seiner Verurteilung aus dem Parlament entfernt
wird, der Streit um die Immobiliensteuer konnte nur durch deren 
Abschaffung gelöst werden. In Portugal hat zudem das 
Verfassungsgericht Sparmaßnahmen, d.h. vorgesehene Entlassungen von 
Staatsbediensteten, vor dem Wochenende für rechtswidrig erklärt.
US-Geldpolitik im Fokus
   Von noch größerer Tragweite ist die US-Geldpolitik. Seitdem die 
Federal Reserve angekündigt hat, ihre Anleihenkäufe zu reduzieren, 
geht die Furcht um, dass die langfristigen Zinsen stark steigen und 
die Aktienmärkte eine ihrer Hauptantriebskräfte verlieren könnten. 
Vor allem die Schwellenländer bekommen die Verunsicherung in Form von
Kapitalabflüssen zu spüren, die dort die Währungen und Anleihen unter
Druck setzen. Sie geraten dadurch zunehmend in Bedrängnis, wie die am
Freitag bekannt gewordenen Überlegungen eines Beraters des indischen 
Finanzministeriums, gemeinsam mit anderen Schwellenländern an den 
Devisenmärkten gegen den Verfall der Emerging-Markets-Währungen zu 
intervenieren, belegen.
   Allerdings gibt es auch Ermutigendes. In den Industrienationen, 
vor allem in Japan und in den USA, zieht die Konjunktur an, und 
selbst im Euroraum war zuletzt eine wirtschaftliche Verbesserung 
festzustellen. Die Bewertung der Aktienmärkte auf Basis der 
Gewinnprognosen für das nächste Jahr ist günstig. Gleichzeitig sind 
Anleihen angesichts magerer Renditen keine zufriedenstellende 
Alternative, und die Leitzinsen der Industrieländer werden noch lange
auf niedrigem Niveau verharren, so dass die Sorgen vor stark 
anziehenden Bondrenditen wahrscheinlich überzogen sind. Dennoch ist 
Vorsicht geboten. Denn ob die Hoffnung, dass die Weltwirtschaft im 
nächsten Jahr spürbar stärker wachsen wird, sich erfüllt, ist 
gegenwärtig noch höchst ungewiss. Die Schwellenländer waren in den 
zurückliegenden Jahren der Motor des globalen Wachstums und haben 
damit die Schwäche der von der Finanzkrise gebeutelten etablierten 
Volkswirtschaften kompensiert bzw. diesen erhebliche positive Impulse
gegeben. Nun aber stottert dieser Motor. Das Wachstum der 
Schwellenländer geht weiter zurück, und die seit Mai anhaltende 
Schwäche ihrer Finanzmärkte hat einige Regierungen dazu veranlasst, 
ihre Wachstumsprognosen zu reduzieren. Dass wie zuletzt in Brasilien 
und Indonesien die Leitzinsen erhöht werden müssen, um den Fall der 
Währungen zu bremsen, bessert die Aussichten gewiss nicht. Auf 
Impulse der Schwellenländer können die Industrieländer auf absehbare 
Zeit nicht setzen.
   Besondere Risiken gehen von China aus. Das Wachstum des Landes 
sinkt schneller als erwartet. Die Regierung muss einen sehr 
schwierigen Balanceakt vollziehen. Einerseits muss sie die schnell 
gestiegene Verschuldung des Privatsektors eindämmen, um das Risiko 
einer Finanzkrise zu reduzieren, andererseits muss sie versuchen, 
nicht zu stark zu bremsen, um einen konjunkturellen Einbruch zu 
vermeiden. Davon gehen wiederum Risiken für Schwellenländer wie 
Indonesien aus. Das Land ist mittlerweile sehr abhängig von der 
chinesischen Nachfrage geworden und hat ein hohes 
Leistungsbilanzdefizit. In dieser Gemengelage ist zu befürchten, dass
der September seinem schlechten Ruf an den Börsen wieder einmal 
gerecht werden könnte. Angesichts der Gewitterfront, die auf die 
Aktienmärkte zuzieht, sehen zumindest die Aussichten auf deutlich 
steigende Notierungen in den kommenden Wochen nicht besonders gut 
aus.
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