Börsen-Zeitung: Harter Brocken, Kommentar zu HeidelbergCement von Daniel Schauber

Größe, das hat HeidelbergCement-Chef Bernd
Scheifele seit der Megafusion von Holcim und Lafarge immer wieder
doziert, ist im Zementgeschäft gar nicht so wichtig. Da ist was dran.
Zementhersteller verdienen ihr Geld damit, dass sie Kalkstein aus der
Erde sprengen, zermahlen und den grauen Staub, ein billiges homogenes
Massengut, verkaufen. Das lohnt sich nur in kleinem Umkreis um das
Zementwerk und ist daher in der Tat eher ein lokales als ein globales
Geschäft.

Doch trotzdem erliegen auch die Heidelberger dem Trend zur
Konzentration, der in der extrem kapitalintensiven oligopolistischen
Branche nicht aufzuhalten zu sein scheint. Scheifele trumpft mit dem
Kauf des italienischen Konkurrenten Italcementi für 6,7 Mrd. Euro
(inklusive Schulden) auf, ein Deal mit Knalleffekt in gleich
dreifacher Hinsicht. Es ist der bislang größte Zukauf eines deutschen
Konzerns dieses Jahr und zudem die größte Akquisition der
Heidelberger seit der beinahe ruinösen Hanson-Akquisition 2007.
Kracher Nummer 3 ist typisch für den passionierten Jäger Scheifele.
Er gibt mit dem überraschenden Milliardendeal dem neuen Dickschiff
LafargeHolcim, das am selben Tag vergleichsweise enttäuschende Zahlen
vorlegen musste, zur Begrüßung einen Schuss vor den Bug.

Das Timing für den Zukauf ist nicht schlecht, wie man in der
Kurpfalz zu loben pflegt. Italcementi, die bisherige Nummer 7 der
Branche, ist billig zu haben. Vor gut einem Jahr notierte die Aktie
noch zu einem höheren Kurs als der Preis, den die Heidelberger nun
inklusive üppiger Prämie berappen müssen. Beide Konzerne ergänzen
sich zudem regional gut. Und ein Blick auf die Finanzkennzahlen der
Italiener zeigt, dass – wie man so schön sagt – Optimierungspotenzial
besteht, denn die Dinge laufen in die falsche Richtung bei
Italcementi. Über die Jahre sind Umsatz und Ergebnis gesunken und der
Verschuldungsgrad ist geklettert. Das kann, das muss man anders
machen.

Es wird nicht leicht, aber es sollte Scheifele mit seinem Team
gelingen, den harten Brocken aus Italien zu knacken. Denn anders als
bei der „Fusion unter Gleichen“ von Holcim und Lafarge, bei der es
noch vor der Vereinigung zu LafargeHolcim im Karton rappelte, ist
hier klar, wer das Sagen hat. Aus HeidelbergCement und Italcementi
wird kein Heidelcementi, sondern der kleinere italienische Konkurrent
wird von dem deutschen Dax-Wert geschluckt. Fürs Publikum vielleicht
unterhaltsame, für die Aktionäre aber teure Hahnenkämpfe im obersten
Managementrang wird man sich damit hoffentlich sparen.

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