Rechtsstaatsverständnis à la SPD: Für deren
innenpolitischen Fraktionssprecher Michael Hartmann ist es
„ungeheuerlich“, dass die Deutsche Bank „tief in Geldwäsche
verstrickt ist“. Dann müssen die Staatsanwälte ja gar nicht weiter
ermitteln: Das Vor-Urteil ist schon gesprochen. So viel zur
Unschuldsvermutung. Die Stimmung am Stammtisch trifft der Politiker
allemal. Da gelten die Banken längst als kriminelle Vereinigung. Dass
dann mehr als 20 Mannschaftswagen vorfahren und fünf Hundertschaften
Polizei Gebäude der Bank durchsuchen – und zwar nicht, um eine neue
„Tatort“-Folge zu drehen -, scheint ins Bild zu passen.
Doch immer schön langsam: Ein Großaufgebot bis an die Zähne
bewaffneter Beamter macht aus Bankangestellten noch keine Straftäter,
Ermittlungen sind keine Anklage, und eine Anklage, so es denn dazu
käme, ist kein Urteil, schon gar kein rechtskräftiges. Aber ohne
Frage: Erstens wiegen die Vorwürfe – bis hin zu versuchter
Strafvereitelung – schwer, zweitens kommt für die Deutsche Bank, die
ja in Justizsachen schon lange kein heuriger Hase mehr ist, zurzeit
ein bisschen viel zusammen, drittens ist es so etwas wie die
„Krönung“, dass zu den 25 Beschuldigten der Co-Vorstandsvorsitzende
Fitschen und Finanzchef Krause gehören, die 2010 eine, wie sich
später zeigte, falsche Umsatzsteuererklärung unterschrieben haben –
Fitschen, damals einfaches Vorstandsmitglied, wohl nur deshalb, weil
eine zweite Unterschrift gebraucht wurde und er gerade greifbar war.
Man muss unweigerlich an Fußballweltmeister Andy Brehme denken,
dessen bekanntester Spruch hier allerdings nicht zitierfähig ist.
Ob die Steuererklärung rechtzeitig oder zu spät korrigiert wurde,
ob die Verhafteten die Vorgänge um den kriminellen Handel mit
Emissionsrechten aufklären oder vertuschen wollten – diese und
tausend andere Fragen sind heute nicht zu beantworten, schon gar
nicht von außen. So viel aber lässt sich, auch mit Blick auf jüngste
Vorgänge bei einer Reihe anderer Banken, ohne jede Vorverurteilung
sagen: In der heutigen, allzu komplex gewordenen Finanzwelt gibt es
zu viele Geschäfte, die allem Anschein nach besonders betrugsanfällig
sind und potenzielle Täter etwa im Handel geradezu einladen. Wenn
wirksame Kontrollen offenbar nicht möglich sind, sollten Banken sich
aus solchen Aktivitäten heraushalten. Dies muss unabhängig davon, was
die Ermittlungen ergeben, zu dem Kulturwandel gehören, den sich das
inzwischen nicht mehr ganz so neue Führungsduo der Deutschen Bank
aufs Panier geschrieben hat. Hier ist höchste Eile geboten.
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