Am Freitagnachmittag war allerorten ein Aufatmen
zu spüren. Die „Troika“ aus Internationalem Währungsfonds (IWF),
EU-Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB) ist zu dem Ergebnis
gekommen, dass Griechenland seine Sparzusagen im Großen und Ganzen
erfüllt hat. Damit ist die Gefahr gebannt, dass dem hoch
verschuldeten Land kurzfristig der Geldhahn abgedreht wird.
Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker ließ sich am Abend dahingehend
vernehmen, dass die dringend benötigte nächste Finanzspritze von 12
Mrd. Euro nun ausgezahlt werden könne. Zwar hatte der Euro bereits am
Freitag vor der Bekanntgabe der Ergebnisse der Gespräche fest
oberhalb von 1,45 Dollar tendiert. Eine gewisse Restunsicherheit,
dass sich die Inspekteure der Troika mit den Anstrengungen des
Peripherielandes unzufrieden zeigen könnten, war gleichwohl spürbar.
Trotz des positiven Signals ist die Griechenlandkrise noch lange
nicht ausgestanden. Noch ist über das zweite Hilfspaket für
Griechenland keine Einigung im Detail erzielt worden, was wohl erst
zum EU-Finanzministertreffen am 20. Juni hin erfolgen soll. Damit ist
noch offen, ob und inwieweit die Bundesregierung ihre Forderung nach
einer Einbeziehung privater Gläubiger durchsetzen kann. Das Land
benötigt dringend zusätzliche 65 Mrd. Euro, weil absehbar ist, dass
Athen nicht ab 2012 wieder an den Bondmarkt zurückkehren kann.
Schwacher US-Arbeitsmarkt
Es wäre wohl falsch, die am Freitag beobachtete Stärke der
Gemeinschaftswährung als eine nachhaltige Stimmungsverbesserung der
Anleger gegenüber europäischen Assets und als Indiz für einen
steigenden Risikoappetit der Anleger anzusehen. Es hat am Freitag
nämlich noch ein Ereignis gegeben, das an den Märkten aufhorchen
ließ: Die Mai-Zahlen für den amerikanischen Arbeitsmarkt sind
überraschend schwach ausgefallen. Die Beschäftigung hat in der
wichtigsten Volkswirtschaft der Welt im Berichtsmonat um lediglich
54000 Stellen zugenommen. Der Durchschnitt der Ökonomen der großen
Wall-Street-Häuser war hingegen von einem Anstieg um netto 165000
Arbeitsplätze ausgegangen. Zudem ist die Arbeitslosenquote von 9% auf
9,1% gestiegen. Erwartet worden war jedoch ein Rückgang auf 8,9%.
Die Serie enttäuschender US-Makrodaten setzt sich also weiter
fort. Vor allem das hat am Freitag den Dollar unter Druck gesetzt:
Eine erste Zinserhöhung durch die Fed verschiebt sich nämlich immer
weiter nach hinten, während die EZB gemäß der Erwartung der Mehrheit
der Marktteilnehmer bereits im kommenden Monat die Zinsen erneut
anheben wird. Die Konjunktursorgen setzen wegen dieser Konstellation
diesmal dem Dollar und nicht wie sonst meistens dem Euro zu. Dem
Dollar gelingt es damit nicht, als „sicherer Hafen“ von den Ängsten
der Anleger zu profitieren. Diese Funktion hat bis auf Weiteres der
Schweizer Franken übernommen, der von Rekordhoch zu Rekordhoch eilt.
Ob die Einschätzung der Marktteilnehmer hinsichtlich der Geldpolitik
der EZB freilich realistisch ist, dürfte sich am Donnerstag zeigen.
Auf der Pressekonferenz im Anschluss an die Zinssitzung müsste
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet schon einen recht deutlichen
Hinweis auf den Zinsschritt im kommenden Monat geben. Sollte dieser
Hinweis mit Blick auf die sich global eintrübende konjunkturelle Lage
unterbleiben, wird der Euro zumindest kurzfristig deutlich an Boden
verlieren.
Die sich eintrübende Konjunkturlage dürfte in nächster Zeit
weitere Kursgewinne des Euro eng begrenzen. Sie lastet auch auf den
Aktienmärkten – eine Tendenz, die sich über die Sommermonate
hinziehen dürfte. Mit momentan 7109 Zählern hat sich der Dax
jedenfalls wieder deutlich von dem am 2. Mai erreichten Jahreshoch
von 7528 Punkten entfernt. Ein rasches Ende der Konjunkturdelle ist
aktuell an den Frühindikatoren noch nicht ablesbar, zumal auch die
Energiepreise nur leicht zurückgegangen sind.
Am immer noch recht hohen Energiepreisniveau wird vermutlich auch
das Treffen der Ölminister der Organisation Erdöl exportierender
Staaten (Opec) am Mittwoch nicht viel ändern. Erwartet wird zwar eine
leichte Anhebung der Förderquoten. Dennoch gehen viele Analysten eher
von einem weiter steigenden – und damit die Konjunktur belastenden –
Ölpreis aus. Die Analysten von Goldman Sachs rechnen für das kommende
Jahr mit einem Durchschnittspreis von 130 Dollar je Barrel der
führenden US-Sorte West Texas Intermediate, das gegenwärtig für knapp
unter 100 Dollar zu haben ist. Damit ist die Marschrichtung für die
Märkte vorgegeben: Sie bleiben im Bann einer nachlassenden Konjunktur
– trotz einer leichten Entspannung der europäischen Schuldenkrise.
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