So etwas hat es im vereinten Deutschland noch
nicht gegeben: 3,6% Wirtschaftswachstum innerhalb eines einzigen
Jahres – und das nach der schärfsten Rezession seit dem Weltkrieg mit
einem tiefen Fall um fast 5%. Deutschland kann stolz auf sich sein.
Stolz auf die Reformanstrengungen der vergangenen Jahre, die auch
Jahre des Lohnverzichts zugunsten von Arbeitsplatzsicherheit und der
Umstrukturierungen auf Seiten der Unternehmen waren, um im harten
internationalen Wettbewerb zu bestehen.
Letzteres ist der deutschen Exportwirtschaft eindrucksvoll
gelungen, denn die Ausfuhren haben 2010 den vorjährigen Einbruch
praktisch wieder nivelliert. Die Importe konnten mit dieser Erholung
zwar nicht mithalten, zogen aber erheblich stärker an, als sie zuvor
abgesackt waren. Dennoch fiel 2010 der positive Wachstumsbeitrag aus
dem Außenhandel mit einem knappen Drittel lange nicht so groß aus,
wie man dies von einer Volkswirtschaft erwarten könnte, der von
mancher Seite übergroße Exportlastigkeit vorgeworfen wird. Die
weitaus größeren Impulse kamen aus der Binnennachfrage und hier vor
allem von Unternehmensseite. Denn die Investitionen, vor allem in
Maschinen und Anlagen, aber auch in Bauten, wurden 2010 wieder
kräftig erhöht, auch wenn der Absturz von 2009 damit noch nicht
wettgemacht ist.
Noch nicht ganz ausgeglichen ist auch der gesamtwirtschaftliche
Produktionsverlust aus der 2009er-Rezession. Aber es dürfte nur noch
wenige Monate dauern, bis auch dieser wettgemacht ist. Und dann hätte
Deutschland einen weiteren Grund, stolz zu sein, denn dies wäre Jahre
früher als noch zu Beginn des Aufholprozesses gedacht.
Stolz zu sein heißt freilich noch lange nicht, sich
Selbstzufriedenheit erlauben zu dürfen. Im laufenden Jahr schon wird
sich eine etwas ruhigere Gangart einstellen, allein schon weil
weltweit viele der zur Abwehr der Rezession aufgelegten
Konjunkturprogramme auslaufen. Das Rekordwachstum verschafft aber
Deutschland etwas Luft, um gemeinsam mit seinen EU-Partnern die
Euro-Krise und das daraus resultierende Konjunkturrisiko dauerhaft
abzuwehren. Und es sollte Deutschland Ansporn sein, durch weitere
Reformen und entsprechende Investitionen etwa in die Aus- und
Weiterbildung seiner jungen Menschen und aller Beschäftigten
mittelfristig auf einen höheren Wachstumspfad zu gelangen.
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