Commerzbank-CFO Stephan Engels ist nicht nur ein
heißer Kandidat für den Titel „Schnellredner des Jahrzehnts“
(gelegentliches Durchatmen würde aber nicht schaden), ihm sitzt auch
der Schalk im Nacken. Gefragt, wer nach dem Ende der
Fusionsgespräche mit der Deutschen Bank bei den Gelben angeklopft
habe, bat er am Mittwoch die Teilnehmer einer Telefonkonferenz, mal
kurz gemeinsam zu lauschen – und tatsächlich war kein Klopfen zu
hören.
Warum auch? Man muss die Commerzbank nicht seit 1870 begleitet
haben, um Eigenständigkeit für eine realistische Alternative zu
halten. Es genügt der Blick in die jüngere Geschichte, um von der
grassierenden Konsolidierungshysterie herunterzukommen. Seit den
achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts sollte die allein
angeblich nicht überlebensfähige kleinste deutsche Großbank
regelmäßig gerüchteweise etwa an HSBC oder Schweizer Häuser verkauft
werden. Dann gab es – nicht nur gerüchteweise – zwei konkrete
Annäherungsversuche mit der HypoVereinsbank. Der frühere
Vorstandssprecher Martin Kohlhaussen hielt die „Fusionsmanie“
übrigens für „etwas Krankhaftes“ (obgleich er zuweilen selbst
Fusionsgespräche führte).
Tatsache ist: Die Commerzbank ist bis heute selbstständig
geblieben, und das kann durchaus noch ein paar Jahrzehnte so
weitergehen. Bei allem Umbruch, den wir schon gesehen haben, steckt
das Institut wie das ganze Kreditgewerbe erst mittendrin in einer
tiefgreifenden Restrukturierung und Redimensionierung, die in den
nächsten Jahren branchenweit noch einmal eine sechsstellige Zahl an
Arbeitsplätzen kosten werden.
BaFin-Präsident Felix Hufeld weist ja zu Recht darauf hin, dass
mit dem Abbruch der Gespräche zwischen Blau und Gelb das Kostenthema
nicht ad acta gelegt ist. Negativzins, Digitalisierung und
Hyperregulierung sind offenbar keine temporären Erscheinungen. Aber
warum sollten BNP Paribas, ING, Unicredit & Co., die hierzulande
alle organisch und ertragreich wachsen können, auf die Schnapsidee
kommen, diese Mammutaufgabe der deutschen Banken in ihrem Namen
anzugehen? Um es klar zu sagen: Keine dieser Adressen will doch das
Blut an den eigenen Händen kleben haben!
Die Commerzbank selbst wiederum ist keineswegs
anlehnungsbedürftig. Natürlich ist sie bei der Umsetzung ihrer
Strategie längst nicht am Ziel, und gewiss zeigt der Quartalsbericht
weiteren Handlungsbedarf auf. Eines liefert er nicht: zwingende
Argumente, mit wem auch immer Fusionsgespräche geführt zu haben oder
alsbald zu führen.
(Börsen-Zeitung, 09.05.2019)
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