Die beste Nachricht erst einmal vorweg. Das
Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil über die
Informationsrechte des Bundestags in EU-Angelegenheiten der
Abstimmung über den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM und den
Fiskalpakt keine Steine in den Weg gelegt. Die Parlamentarier können
am 29. Juni grünes Licht geben.
Die Karlsruher Richter ordnen mit ihrem Spruch erneut das
Beziehungsgeflecht zwischen Bundesregierung und Bundestag, zwischen
Exekutive und Legislative. Danach hat die Regierung es versäumt,
früh- und rechtzeitig die Parlamentarier noch in der
Verhandlungsphase über die Pläne zum ESM und auch zum Euro-Plus-Pakt
zur wirtschaftspolitischen Koordinierung in der EU zu informieren.
Dies ist in kurzer Zeit schon die zweite Entscheidung der
Verfassungsrichter, mit der sie die Rechte des Bundestags stärken.
Bei dem nicht lang zurückliegenden Urteil ging es um die Mitwirkung
des Parlaments bei Euro-Hilfsprogrammen. Die Richter hatten die
Übertragung von Entscheidungen auf ein Minigremium auch in
eilbedürftigen Fällen stark beschränkt. Allerdings muss sich der
Bundestag diese Kritik als Urheber der verworfenen Regelung selbst
anheften.
Das Korrektiv des Verfassungsgerichts ist gerade in der aktuellen
Umbruchphase der EU wichtiger denn je. Die Formung einer gestärkten
europäischen Gemeinschaft und die Übertragung nationaler Souveränität
darf unter dem Strich nicht zu weniger Demokratie führen. Hier hatte
Karlsruhe nicht schlampige Gesetzesarbeit auf dem Tisch oder die
Ergebnisse von Interessenpolitik. Es ging vielmehr um juristisches
Neuland. Dieser Prozess hat in der EU erst begonnen. Das Gelingen
Europas hängt daran. Es wird nicht die letzte Entscheidung des
deutschen Gerichts dazu sein. Die Verfassungsexperten bleiben
gefragt.
Gut ist, dass die Kriterien, welche Informationen an den Bundestag
fließen müssen, nun präziser formuliert sind. Verhandlungstaktische
Überlegungen vor EU-Räten oder die Sorge, Wasserstandsmeldungen
könnten die reaktionsschnellen Märkte beunruhigen, müssen künftig
zurücktreten. Dies gilt zumindest für schwerwiegende Entscheidungen,
die der Bundestag nach Auffassung der Richter nicht im
Schnelldurchgang fällen darf. Der Markt für Nachrichten wird auf dem
Berliner Informationsparkett damit durchlässiger werden. Die
Finanzmärkte müssen sich auf mehr Volatilität einstellen oder sie
müssen lernen, auch in politischen Verhandlungsphasen genauer
hinzuschauen und noch nicht alles für bare Münze zu nehmen.
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