Börsen-Zeitung: Lex Ramsauer, Kommentar von Peter Olsen zu den Plänen des Bundesverkehrsministers, die Mineralölkonzerne zu zwingen, Benzinpreiserhöhungen anzukündigen

Vom Klavierspiel soll Verkehrsminister Peter
Ramsauer (CSU) ja viel verstehen. Ob er allerdings die Klaviatur der
Preisbildung am Mineralölmarkt beherrscht, darf bezweifelt werden.
Jetzt sollen die Mineralölkonzerne, denen das Bundeskartellamt eine
Preisabsprache zulasten der Autofahrer trotz heftigster Bemühungen
nicht nachweisen kann, gesetzlich dazu gezwungen werden, geplante
Preiserhöhungen anzukündigen und dann die neuen Preise mindestens für
einen Tag durchzuhalten.

Cui bono – wem nützt es, dem Verbraucher oder dem
Mineralölkonzern? Was hat der Autofahrer davon, wenn er gewiss sein
kann, dass er mindestens einen Tag keine Chance hat, billiger zu
tanken, weil die regelmäßigen Preissenkungen in Trippelschritten
nicht vorgenommen werden können? Oder geht Ramsauer tatsächlich davon
aus, dass angekündigte Preiserhöhungen bei der von ihm
vorgeschlagenen Regelung schon deshalb moderater ausfallen, weil der
oligopolistische Wettbewerb mit eigenen Preiserhöhungen länger
wartet, um sich zusätzliche Marktanteile zu sichern?

Wer so denkt, hat keinen Blick für die Realitäten am Spritmarkt,
unabhängig davon, dass das ständige Auf und Ab jedermann nervt.
Allein, die Autofahrer sind mündige Bürger und haben durchaus im
Blick, in welchem Rhythmus die Preisveränderungen vonstattengehen.
Auch sind die Fahrzeuge heute wegen der auch über die Steuerlast
hochgepflegten Spritpreise meist so sparsam, dass Preisspitzen
umfahren werden können – von den typischen Feiertags- und
Urlaubsterminen einmal abgesehen.

Fakt ist, nur in vier von 27 Ländern Europas liegen die
Benzinpreise – ohne Steuern – geringfügig niedriger als in
Deutschland. Das kann man deuten als Hinweis, dass der deutsche Markt
so bedeutend ist, dass die Ölkonzerne ihren Sprit hier loswerden
müssen (und können) und dafür vergleichsweise niedrige Preise
akzeptieren. Oder man kann es auch so sehen, dass es in ganz Europa
im Grunde keinen Wettbewerb mehr gibt – mit Ausnahme der
unterschiedlich hohen Steuerbelastung je Liter.

Für die erste Variante spricht, dass es neben Deutschland kaum ein
anderes Land in Europa gibt, wo man den Eindruck gewinnen muss, dass
es an der Tankstelle im Wesentlichen Zeitschriften, belegte Brötchen,
Getränke, Süß- und Knabberkram, Eiscreme, Motoröl und Bargeld (!)
gibt. Eine Lex Ramsauer, das kann prognostiziert werden, wird die
Preismechanismen nicht ändern. Dazu müsste schon massenhaft aufs
Tanken und damit aufs Autofahren verzichtet werden.

(Börsen-Zeitung, 31.5.2011)

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