Die Fusion von BayernLB und WestLB muss man sich
so vorstellen: Zwei Kranke mit jeweils schweren, aber in Symptomatik
und Verlauf unterschiedlichen und mindestens teilweise potenziell
ansteckenden Leiden werden gemeinsam in ein Bett gelegt. Um die
Patienten bemüht sich eine Legion von Ärzten mit sich
widersprechenden Diagnosen und Therapievorschlägen.
Gesundheitspolitiker aus Bund und Ländern, die überwiegend durch
einen medizinischen Sachverstand auf erschreckend niedrigem Niveau
auffallen, mischen sich in die Gestaltung der für notwendig
gehaltenen Rosskur ein, weisen aber darauf hin, dass diese für die
Standorte der Bettlägerigen nichts kosten dürfe. Zugleich ist die
Klinik, in der das Experiment stattfindet, eine Großbaustelle. Den
unfreiwilligen Zahlmeister dieser Variante des Gesundheitswesens
spielt der Steuerzahler. Und plötzlich steht, wo eben noch zwei
Sieche lagen, ein Kerngesunder auf.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Es
erscheint fürwahr märchenhaft, was man da in Düsseldorf und München,
unterstützt durch Denkanstöße aus Berlin, ausgekaspert hat. Eines
muss man den Beteiligten zugestehen: Die Idee ist zumindest
originell, sie ist während des Dreißigjährigen Krieges (nicht dem
zwischen Katholiken und Protestanten, sondern dem um die
Konsolidierung der Landesbanken) noch nicht allzu oft durchgespielt
worden, und es gibt nicht viele, die sie aktuell auf dem Zettel
hatten. Nur: Märchenhaft ist diese Geschichte allein im Sinne von
unwirklich.
Die Fabel aus der Klinik auf die reale Bankenwelt übertragen heißt
doch: Zwei Häuser in immer noch ziemlicher Schieflage, darunter die
„fusionserfahrene“ BayernLB, beide mitten in der Restrukturierung
steckend, beide auf der Suche nach einem zukunftsträchtigen
Geschäftsmodell, tun sich zusammen, schaffen – während das
Finanzsystem regulatorisch umgekrempelt wird – die drittgrößte Bank
der Republik mit addiert fast 600 Mrd. Euro Bilanzsumme und fast
16000 Beschäftigten und halten sich ganz nebenbei noch ein paar
andere Optionen offen. Für die Refinanzierung und das Rating soll das
alles wohl folgenlos bleiben. Nach drei Jahren Finanzkrise will man
eine Bank basteln, die umso mehr „too big to fail“ ist als beide
Partner allein. Der Bankennotarzt Soffin wird schon mal um
„konstruktive Begleitung“ gebeten. Soll heißen: Steuerzahler, zur
Kasse bitte für eine Fusion, die niemand braucht!
(Börsen-Zeitung, 21.9.2010)
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