Börsen-Zeitung: Nicht geliefert, Kommentar zum gescheiterten Versuch der Übernahme von TNT durch UPS, von Walther Becker.

Wir wollen liefern, was wir versprochen haben“,
sagte Larry Rosen gestern auf einer Investorenkonferenz in New York.
Der Finanzchef der Deutschen Post hat in Amerika, wo sein Konzern in
der Vergangenheit 7,5 Mrd. Euro in den Sand gesetzt hatte, wieder gut
lachen. Das US-Geschäft zieht an und die Verlustquellen sind
ausgetrocknet. Jetzt holt sich auch der global größte Rivale eine
blutige Nase: Braun geht nicht mit Orange zusammen – die 5,2 Mrd.
Euro schwere Übernahme der niederländischen TNT durch UPS steht vor
dem Aus. Denn die Wettbewerbshüter in Brüssel bereiten die Ablehnung
des Plans vor.

Brüssel hatte von Anfang an Bedenken. Mit diesem – nicht ganz
unerwarteten – Ausgang einer elfmonatigen Hängepartie zeigt sich, in
welcher Dimension UPS und TNT Werte vernichtet haben. Die TNT-Papiere
verloren über 40% und gingen mit 4,84 Euro aus dem Handel. Die
Amerikaner hatten 9,50 Euro geboten; die Titel des TNT-Hauptaktionärs
PostNL, der sein Paket an UPS veräußern wollte, knickten um mehr als
ein Drittel ein.

Offenbar hatten auch die Berater – Deutsche Bank, Goldman Sachs
sowie Lazard für TNT und UBS, Morgan Stanley und BoA Merrill Lynch
für den Bieter – die Kartellproblematik unterschätzt. Damit reiht
sich die Transaktion in die Liste ein, auf der auch der Fall
Nyse/Deutsche Börse ganz oben steht.

TNT steht nun ohne Strategie da und muss sich rasch neu erfinden –
ohne Übernahmefantasie, denn UPS darf nicht und Fedex will nicht. Die
Holländer sind so zum Spielball geworden. Und UPS ist mit ihrer
Europastrategie grandios gescheitert. Die 200 Mill. Euro
Entschädigung, die an TNT zu zahlen sind, verschmerzen die Amerikaner
locker. Doch unklar ist, wie nach dem Ausflug, bei dem außer Spesen
nichts gewesen ist, die künftige Strategie aussieht.

Hatte die Deutsche Post vor Jahren versucht, mit DHL in der Heimat
des amerikanischen Platzhirschs über Discount-Angebote zu punkten, so
ist nun auch der Versuch des UPS-Imperiums, in Europa mit der größten
Akquisition der Firmengeschichte zurückzuschlagen, gescheitert. Der
Bonner Konzern sollte von der Beibehaltung der Landschaft mit vier
Anbietern am ehesten profitieren.

Die Konzentration auf organisches Wachstum zahlt sich auch in
einem schwierigeren Markt aus. Kein anderer Logistikkonzern ist
international so breit aufgestellt wie DHL, die sich als
Weltmarktführer bezeichnet. Investoren bleiben indes in
Wartestellung: Der Aktienkurs der „Gelben“ hat sich nach dem
Scheitern von UPS kaum bewegt.

(Börsen-Zeitung, 15.1.2013)

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069–2732-0
www.boersen-zeitung.de

Weitere Informationen unter:
http://