Börsen-Zeitung: Notwendiger Schulterschluss, Kommentar zum Kräfteverhältnis zwischen Telekomfirmen und Kabelbetreiber, von Heidi Rohde.

Die großen Telekom-Player schließen die Reihen.
Nachdem die Konzernspitze von Vodafone den vom deutschen Management
ausgeklügelten Plan, durch die Akquisition von Kabel Deutschland
hierzulande als integrierter Anbieter im Privatkundensegment einen
Quantensprung zu machen, als zu teuer verworfen hat, entscheidet sich
die deutsche Tochter des britischen Mobilfunkriesen nolens volens für
Plan B. Ebenso wie zuvor Telefónica Deutschland wird sie künftig
hochbitratige Netzinfrastruktur der Telekom nutzen, um ihren Kunden
ein attraktives Angebot machen zu können, das im Wettbewerb mit dem
Kabel bestehen kann.

Letzteres ist sowohl für Vodafone als auch für Telefónica, die
hierzulande beide seit geraumer Zeit eine Erosion ihres mühsam
aufgebauten bzw. – im Falle Telefónicas durch den Kauf von Hansenet –
teuer erworbenen DSL-Kundenstamms feststellen müssen, zwingend, wenn
sie das Geschäft nicht komplett abschreiben wollen. Und das wollen
sie naturgemäß nicht, weil auch diese Kunden für sie ein nicht zu
vernachlässigender Fundus für neues, lukratives Mobilfunkgeschäft
sind. Die Überlegenheit der Kabelnetzbetreiber bei Netzleistung und
Preis hat insbesondere den alternativen Netzbetreibern in den
vergangenen Jahren zugesetzt, mehr als der Telekom, weil diese trotz
preislicher Nachteile immerhin hohe Netzqualität und ein eigenes
TV-Produkt bieten konnte.

Die Zwangslage ihrer großen Wettbewerber kommt der Telekom zupass.
Sie kann die eigenen Investitionskosten durch die Vermietung von
Netzkapazitäten senken. Immerhin geht es um einen in den nächsten
Jahren geplanten Aufwand von 6 Mrd. Euro für die eigene
Infrastruktur, deren erhöhte Auslastung die Kapitalrendite
entsprechend nach oben schraubt. Hier hat die Telekom, die jahrelang
auf einem praktisch leeren Glasfasernetz saß, dringenden
Handlungsbedarf. Dafür kann sie dem künftigen Wettbewerb auf dem
eigenen Netz vorläufig gelassen entgegensehen, denn trotz des sich
damit abzeichnenden Preisdrucks steht die Konkurrenz erst am Anfang
und noch auf relativ schwachen Füßen.

Der Schulterschluss der Telekomfirmen wird die
Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Kabel erhöhen, diese Branche
jedoch nicht das Fürchten lehren. Der Kurseinbruch von Kabel
Deutschland spiegelt die Enttäuschung der Investoren über die
endgültig geplatzten Übernahmefantasien im Hinblick auf eine Offerte
von Vodafone, nicht erhöhte Nervosität angesichts eines künftig
schärferen Wettbewerbs. Die Kräfteverhältnisse zwischen Telekomfirmen
und Kabel haben sich zunächst nur mäßig verschoben.

(Börsen-Zeitung, 17.5.2013)

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