Börsen-Zeitung: Öffnung in Frankfurt / Kommentar von Dietegen Müller zur Deutschen Börse, die künftig im Clearing mit direkter Konkurrenz rechnen muss

Es ist der Beginn einer neuen Zeitrechnung in
Frankfurt: Erstmals sollen die Marktteilnehmer Wahlfreiheit erhalten,
ob sie ihre Aktien, die sie auf Xetra handeln, über die
Deutsche-Börse-Tochter Eurex Clearing verrechnen lassen oder über ein
anderes Clearinghaus gehen – im aktuellen Fall über den
niederländischen Aktienclearer EuroCCP.

Noch steht die Zustimmung der zuständigen Aufsicht, also des
hessischen Wirtschaftsministeriums, aus. Doch ist schwer vorstellbar,
dass sich Gründe finden lassen, die den Antrag von EuroCCP und damit
die Öffnung des Aktienclearings in Frankfurt zu Fall bringen könnten.
Es ist in der Finanzmarktrichtlinie Mifid II beziehungsweise in der
dazu gehörenden Verordnung Mifir vorgeschrieben, dass
Handelsplattformen Zugang zu ihren Trade Feeds geben müssen – solange
es nicht zu einer drastischen Liquiditätsfragmentierung oder zu einer
Beeinträchtigung des ordentlichen Handelsablaufs kommt. Beides dürfte
hier kein Thema sein.

Die neue Konkurrenz für Eurex Clearing wird erst durch Anwendung
von Mifid II seit Anfang 2018 möglich. Was an anderen Handelsplätzen
schon lange üblich ist, nämlich die Wahlmöglichkeit zwischen
verschiedenen Clearinghäusern, muss nun auch die Deutsche Börse
anerkennen. Sie hatte dieses Thema bisher nicht prioritär behandelt.
Es wird sich zeigen, welche Auswirkungen sich dann auf die
Ergebnissituation des zentralen Kontrahenten für Aktien ergeben, der
2017 rund 20% der Nettoerlöse oder rund 35 Mill. Euro im Segment
Xetra ausmachte.

Namentlich angelsächsische Marktteilnehmer haben sich schon lange
immer wieder darüber beklagt, dass der Xetra-Handel nur mit einer
Verrechnung über den von Eurex Clearing betriebenen zentralen
Kontrahenten möglich ist. Die europäische Regulierung schneidet hier
ein Türchen in das „Silo“ der Deutschen Börse. Das auf einer starken
Integration der verschiedenen Wertschöpfungsketten beruhende
Geschäftsmodell der Deutschen Börse wird nun an einer Stelle leicht
modifiziert, und Geschäft dürfte abwandern.

Ob damit der Handel von Aktien auf Xetra insgesamt günstiger
wird, wie EuroCCP verspricht, muss sich zeigen. Die Summen, die für
die Deutsche Börse auf dem Spiel stehen, sind mit Blick auf die
überproportionalen Gewinnmöglichkeiten im Clearing von Derivaten –
nicht zuletzt im Euroclearing – überschaubar. Gut ist aber, dass sich
die Deutsche Börse nun mit mehr Wettbewerb auseinandersetzen muss.
Das kann neue Kräfte freisetzen.

(Börsen-Zeitung, 25.07.2018)

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