Der unternehmerische Siegeszug Huaweis,der sich
in den vergangenen Jahren in Europa ebenso rasant wie unterhalb des
Radarschirms der Öffentlichkeit abspielte, hat dem chinesischen
Telekommunikationsausrüster einen Spitznamen beschert, der im
aktuellen Umfeld vieldeutige Interpretationen zulässt: Die „Rote
Armee“ galt in Branchenkreisen als spöttische Bezeichnung von
Huawei-Servicetechnikern, die in großer Mannstärke und Disziplin ans
Werk gingen, um die Netzwerkprodukte des Unternehmens bei den Kunden
zu installieren und gegebenenfalls anzupassen. Nach der Formel:
schnell, gut und günstig, mit der Huawei im Wettbewerb die Nase vorn
hatte.
Inzwischen weckt die politische Debatte über Schutz und Kontrolle
kritischer Telekommunikationsinfrastruktur ganz andere Assoziationen
des Spitznamens, etwa die Vorstellung eines Eroberungsfeldzugs durch
die Truppen eines autokratischen Systems, das gezielt eine globale
Technologieführerschaft – in diesem Falle Chinas – vorantreibt, auch
mithilfe von Spionage und Cyberkriminalität.
Diese Assoziationen, die bisher vor allem durch Befürchtungen und
Behauptungen, aber kaum durch Beweise genährt werden, haben
mittlerweile auch bei staatlichen Behörden Wirkung gezeigt, dabei
aber vor allem politischen Aktionismus provoziert. Nachdem die
Regierungen einzelner europäischer Länder angeblich einen Bann von
Huawei bei der neuen Mobilfunktechnik 5G prüfen, setzt sich nun die
Europäische Kommission an die Spitze der Bewegung, und zwar gleich
mit der grundsätzlichen Frage nach dem Ausverkauf von
Spitzentechnologie und der drohenden Abhängigkeit Europas von
Giganten in Asien (oder den USA).
Angesichts der politischen Wogen drohen die technischen und
wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die ein Bann von Huawei oder
chinesischer Telekommunikationstechnik insgesamt nach sich ziehen
würde, in den Hintergrund zu geraten. Experten weisen nicht zu
Unrecht darauf hin, dass ein Ausschluss von Huawei bei der 5G-Technik
in Reinform kaum möglich wäre, da diese auf Vorgängertechnologien
aufsetzt, die dann teilweise ebenfalls ersetzt werden müssten. Der
zeitliche und materielle Aufwand einer solchen Reinemachaktion wäre
für die Telekomfirmen finanziell kaum darstellbar und würde Europa im
Mobilfunk der Zukunft um Jahre zurückwerfen. Wer eine Verbannung von
Huawei fordert, dem muss daher klar sein, dass dies mit hohen Kosten
für Europa verbunden ist. Für einen effektiven Schutz von
Schlüsselinfrastruktur müssen andere Wege gefunden werden.
(Börsen-Zeitung, 05.02.2019)
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