Das Urteil der Investoren von Bayer zum ersten
Schadenersatzurteil im Zusammenhang mit dem Unkrautvernichter
Glyphosat fiel am Montag ebenso eindeutig aus wie das Verdikt des
Geschworenengerichts in San Francisco. Hatte die Jury Monsanto
einstimmig zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 289 Mill. Dollar
verdonnert, nahmen Bayer-Aktionäre scharenweise Reißaus und
schickten die Aktie in den Keller. Einen Tagesverlust von mehr als 10
Prozent hatte Bayer selbst bei der Ankündigung der milliardenschweren
Übernahme von Monsanto im Mai 2016 nicht hinnehmen müssen. Binnen
eines Tages lösten sich mehr als 10 Mrd. Euro an Marktkapitalisierung
in Luft auf. Für den US-Saatgutkonzern zahlten die Deutschen immerhin
63 Mrd. Dollar, seit gut einem Monat ist die Transaktion
abgeschlossen.
Es ist nicht allein die Schadenersatzhöhe, die einem einzelnen
Kläger zugesprochen wird, welche die Investoren hochgradig
verunsichert. Schwerer wiegt, dass auf Bayer eine riesige Klagewelle
im Zusammenhang mit Glyphosat zurollt. Aktuell sind etwa 5000 Klagen
anhängig. Im klagefreudigen Amerika dürfte mit dem jetzt ergangenen
Urteil der Boden für mehr bereitet sein – unabhängig davon, dass das
Urteil noch nicht rechtskräftig ist und zumindest in seiner Höhe
mutmaßlich auch keinen Bestand haben wird.
Dennoch – und das veranschaulicht die Kursreaktion eindringlich –
darf Bayer die Risiken nicht wie bisher kleinreden. Nicht ohne Grund
hatten die Leverkusener kürzlich im Emissionsprospekt zur
Kapitalerhöhung explizit auf Reputationsrisiken sowie Risiken aus
Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit anhängigen und künftigen
Verfahren von Monsanto hinweisen müssen. Diese sind auf Bayer
übergegangen.
Zudem ist das Risiko nicht allein auf das umstrittene
Unkrautvernichtungsmittel beschränkt, dessen Zulassung allenthalben –
jüngst in Brasilien – in Frage steht. Erschwerend kommt hinzu, dass
der wirtschaftliche Erfolg von Monsanto auch auf Saatgut basiert, das
gegen Glyphosat immun ist. Denn auch auf die Vermarktung dieser
Produkte wird ein großflächiges Einsatzverbot von Glyphosat mit hoher
Wahrscheinlichkeit Einfluss nehmen.
Gut einen Monat nach der Übernahme materialisieren sich erste
Risiken aus der Monsanto-Übernahme. Die von Bayer verfolgte
Strategie, die Risiken als theoretische Gefahr abzutun und auf die
eigene Reputation zu verweisen, lässt sich nicht länger durchhalten.
Bayer muss endlich raus mit der Sprache.
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