Kommt es zu einem spektakulären
Unternehmenszusammenbruch, wird gerne mit dem Finger auf die
vermeintlich Schuldigen gezeigt. Peter Fankhauser, der glücklose
Chief Executive von Thomas Cook, bietet sich als Sündenbock zwar an,
ist aber bei weitem nicht der Einzige, der für diese Pleite
verantwortlich ist. Er hatte lediglich das Pech, noch am Steuer zu
sitzen, als der von seinen Vorgängern mit reichlich Schulden beladene
Flugreiseveranstalter schließlich gegen die Wand fuhr. Thomas Cook
hatte einfach zu viel Übergepäck, um noch einmal abzuheben.
Die endgültige Aufnahme in die Gemeinde der Firmenzombies bleibt
dem Unternehmen damit erspart. Dabei handelt es sich um das
Schattenreich, in dem sich im Grunde zahlungsunfähige Gesellschaften
mit negativem Eigenkapital tummeln – immer wieder durch
Finanzspritzen künstlich am Leben gehalten, um hässliche Löcher in
den Bilanzen ihrer Gläubiger zu vermeiden. Den Banken von Thomas Cook
war sicher nicht daran gelegen, ihre Kredite abschreiben zu müssen.
Aber das 900 Mill. Pfund schwere Rettungspaket, auf das sich
Management, Gläubiger und die chinesische Fosun Ende August geeinigt
hatten, war ihnen am Ende nicht umfangreich genug. Sie fürchteten zu
Recht, dass sich das Unternehmen schon binnen eines Jahres in
vergleichbaren Schwierigkeiten befinden würde – eine Einschätzung,
die vom britischen Verkehrsminister geteilt wurde. Grant Shapps
lehnte deshalb einen Bail-out mit Steuergeldern ab. Und selbst die
vom Hongkonger Milliardär Guo Guangchang mitgegründete Fosun war
nicht bereit, noch mehr Geld in die Gruppe zu stecken, um ihr
bisheriges Investment in den großen Namen von einst zu retten.
Thomas Cook lebte über Jahre hinweg von der Hand in den Mund.
Gewinnwarnung folgte auf Gewinnwarnung. Mal verschreckten
islamistische Terroranschläge in Nordafrika und in der Türkei die
Kundschaft, in einem anderen Sommer blieb sie zu Hause, weil sich das
Wetter in Blackpool von dem in Ibiza nicht sehr unterschied. So
etwas lässt sich nicht groß beeinflussen. Doch Reisen werden heute
online gebucht. Das weiß man. Trotzdem betrieb das Unternehmen ein
Netz von zuletzt 563 Niederlassungen. Das lässt sich nicht mit dem
von hohen Zinskosten beeinträchtigten finanziellen Spielraum
entschuldigen. Es fehlte einfach am Mut, harte Entscheidungen zu
fällen.
Es gibt noch viele Firmen mit Übergepäck. Wenn das
Wirtschaftswachstum abbröckelt, werden mehr am Boden bleiben.
(Börsen-Zeitung, 24.09.2019)
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