Börsen-Zeitung: Ringen um Vertrauen, Kommentar zu Wirecard von Stefan Kroneck

Wirecard schlägt nach den Kurskapriolen der
Aktie ein neues Kapital auf. Als die deutsche Finanzaufsicht BaFin im
Februar ein Leerverkaufsverbot für den Zahlungsabwickler nach
Aktivitäten von Shortsellern verhängte, begründete sie ihren
umstrittenen Eingriff damit, dass das Marktvertrauen bedroht sei. Mit
dem Ablauf der Verfügung nach zwei Monaten signalisiert die Behörde,
dass aus ihrer Sicht das Vertrauen wiederhergestellt ist. Ansonsten
hätte sie das Verbot verlängert.

Und tatsächlich reagierten die Anleger unaufgeregt auf das Ende
des Verbots, obgleich mancher befürchtet, dass die gemäßigte Reaktion
neue Short-Attacken provoziert. Dem öffentlichen Interesse in der
Angelegenheit diente die BaFin zuletzt mit der Nachricht, dass sie
etwaige illegale Manipulationen im Handel mit Wirecard nun zur
Anzeige gebracht hat. Damit überlässt sie die weiteren Schritte gegen
verdächtige Personen den Strafverfolgern. Das sorgt für Ruhe unter
Investoren, steht damit doch nicht der Dax-Neuling juristisch am
Pranger.

Die Schritte der Aufsicht sind aber nur kurzfristig orientiert.
Die BaFin ist nicht dazu da, Wirecard wiederholt Schützenhilfe zu
leisten, wenn erneut Druck von außen kommt. Denn die Fehde mit der
„Financial Times“ ist Folge einer unzureichenden Kommunikation von
Wirecard über das eigene Geschäftsmodell. Ansonsten hätten die
Anleger nicht wochenlang so panisch auf Berichte der britischen
Tageszeitung wegen angeblicher Bilanzfälschung in Asien reagiert.

Auf lange Sicht hat das aufstrebende Unternehmen es selbst in der
Hand, mit mehr Transparenz für Klarheit zu sorgen. Auf der
Bilanzpressekonferenz am Donnerstag hat Vorstandschef und
Firmengründer Markus Braun dazu die Chance, schließlich kündigte er
Verbesserungen an. Die Anleger warten dringend auf Antworten, wie er
künftig Spekulationsattacken gegen das Unternehmen verhindern will.

Wirecard wächst derart schnell, dass die Organisationsstruktur des
Konzerns nicht Schritt halten konnte. Ende 2018 sagte Braun der
Börsen-Zeitung, dass die Dezentralisierung die internationale
Expansion stütze. Mehr Zentralisierung hätte wahrscheinlich aber dazu
beigetragen, dass Unregelmäßigkeiten am Standort Singapur rascher
aufgedeckt worden wären. Der CEO kann von Glück reden, dass der Fall
sich als nicht so gravierend herausstellte wie die „Financial Times“
suggerierte. Von einem Abschluss der Causa, wie Braun behauptet, kann
aber keine Rede sein. Er muss weiter um Vertrauen ringen.

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