Die Verlängerung der Börsenäquivalenz ist auf
kurze Sicht erfreulich. Die EU-Kommission kommt der Schweiz in
salamitaktischer Manier entgegen, indem sie den regulatorischen
Rahmen sowie die Aufsicht des Schweizer Finanzmarkts ein halbes Jahr
länger als gleichwertig anerkennt. Unmittelbar gebannt ist damit die
Gefahr, dass EU-Wertpapierhandelsfirmen keinen Zugang mehr zum
Schweizer Markt erhalten. Oder dass Aktien von Unternehmen mit Sitz
in der Schweiz, die in der Schweiz gelistet sind, nicht mehr
regelmäßig in der EU handelbar wären. Doch die Regierung in Bern
lässt ihren Plan B für den Fall einer Nichtanerkennung weiter in
Kraft. Die EU wird nur von der Liste der nicht mehr zugelassenen
Jurisdiktionen gestrichen. Die Drohkulisse bleibt bestehen, dass die
Schweiz EU-Handelsplätzen die Anerkennung entziehen könnte.
So absurd sie anmutet: Diese Posse im Verhältnis der EU zur
Schweiz ist noch nicht zu Ende. Die EU benutzt die Börsenäquivalenz
als Druckmittel, um die Schweiz zur Zustimmung zum Rahmenabkommen zu
bringen. Dieses soll insgesamt den Marktzugang regeln. Die
Gleichwertigkeit der Schweizer Finanzmarktregulierung ist dabei nicht
ernsthaft in Frage gestellt. Die EU-Kommission hat aber durch ihre
sachfremde Verknüpfung zweier Themen und der scheibchenweise
erteilten Börsenäquivalenz einem Ja zum Rahmenabkommen in der Schweiz
womöglich einen Bärendienst erwiesen. Die im politischen Spektrum vor
allem rechts und links der Mitte verbreiteten Bedenken in der Schweiz
hinsichtlich Unionsbürgerrichtlinie und Sorgen bezüglich Lohndumpings
sind damit nicht ausgeräumt.
EU-Kommissar Johannes Hahn hat auf der Pressekonferenz, auf der
die halbjährige Verlängerung erläutert wurde, diplomatisch
angedeutet, die Äquivalenz könne weiter verlängert werden, wenn die
Schweizer Regierung das Rahmenabkommen unterstütze. Bisher tut sie
dies nicht und hat das umstrittene Vertragswerk in eine Konsultation
geschickt. Hier öffnet sich eine Tür. Die EU nimmt die Regierung in
die Pflicht, will aber nicht nachverhandeln – unter Verweis auf wenig
Appetit auf Spezialregelungen in der Union.
Verkompliziert wird alles durch den chaotischen Brexit-Prozess.
Ein Großteil des Handels in Schweizer Aktien im Ausland läuft über
London. Eine bilaterale Regelung mit der Schweiz ließe die EU hier im
Sommer 2019 womöglich außen vor stehen. Schmerzen würde dies
insbesondere jene deutschen Handelsplätze, bei denen der Handel mit
Schweizer Aktien nennenswerte Erlöse bringt. Sie können derzeit nur
auf den Schweizer Bundesrat hoffen.
(Börsen-Zeitung, 18.12.2018)
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069–2732-0
www.boersen-zeitung.de
Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell