Noch auf der Automesse IAAÂ im September hat PSA-Chef Carlos
Tavares der Idee eines Zusammenschlusses von Peugeot Citroën mit Fiat Chrysler
(FCA) eine klare Absage erteilt. „Wir brauchen keine Allianz und konzentrieren
uns auf uns.“ Die intensive Nabelschau hat offenbar zu dem Ergebnis geführt,
dass der italienisch-amerikanische Autobauer mit der starken Position im
US-Markt wohl doch ganz gut ins wachsende Tavares-Imperium passen würde.
Jedenfalls sind die Gespräche mittlerweile kurz vor dem Abschluss, wie es aus
Kreisen heißt.
Die Erfolgsaussichten sind tatsächlich höher einzuschätzen als beim
gescheiterten Werben von FCA um Renault. Bei den Franzosen war nach der
Verhaftung des langjährigen CEO Carlos Ghosn ein Führungschaos ausgebrochen. Der
französische Staat, der 15 Prozent an Renault kontrolliert, fürchtete um seinen
Einfluss. Zwar hält Frankreich auch an PSA 12 Prozent. Die Vorzeichen sind
jedoch gänzlich andere. PSA-Chef Tavares soll in dem neuen Schwergewicht die
Führungsrolle einnehmen und damit Fiat sowie deren Verwaltungsratschef John
Elkann aus der Patsche helfen. Der Agnelli-Spross sucht schon länger nach einem
Partner für den technologisch weit zurückgefallenen Autobauer.
Tavares, der nach Peugeot auch Opel im Eiltempo saniert hat, soll auch bei
FCA kräftig an der Kostenschraube drehen dürfen. Italienische Gewerkschaften
haben ebenso wie die IG Metall in Deutschland bereits Widerstand gegen
Stellenstreichungen angedroht. Einfach wird es also nicht. Aber Tavares, der auf
milliardenschwere Kostensynergien abzielen dürfte, hat sich den Spitznamen „Le
Cost Killer“ auch nicht damit verdient, dass er nur offenliegendes
Einsparpotenzial gehoben hätte.
Entsteht hier also ein neuer Gigant? Mit fast 9 Millionen verkauften Autos im
Jahr ist PSA-FCA fast auf Augenhöhe mit VW, Toyota und Renault-Nissan. Bei
einigen wesentlichen Herausforderungen, die Autohersteller kooperieren und
konsolidieren lassen, stehen die Firmen aber erst am Anfang. In Bezug auf die
Elektromobilität hat PSA wenig und FCA nichts zu bieten. Um Strafzahlungen in
der EU zu vermeiden, haben die Italiener sogar eine Art Ablasshandel mit Tesla
vereinbart. Beim autonomen Fahren sind beide schwach auf der Brust. Fiat
Chrysler setzt hier auf das Start-up Aurora, PSA hat die Entwicklung
selbstfahrender Systeme über Level 3 unlängst aufgegeben. Während der nötigen,
wohl langwierigen Integration dürfte der Rückstand auf die Rivalen weiter
wachsen. Bei genauer Betrachtung ist der neue Gigant nur ein Scheinriese.
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