Leicht gesagt, aber gar nicht so leicht getan.
Die Einführung einer Digitalsteuer bereitet selbst Steuerspezialisten
großes Kopfzerbrechen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) wird
nun vorgeworfen, er wolle die Einführung einer Digitalsteuer
blockieren und wende sich dazu noch vom schwarz-roten
Koalitionsvertrag ab. Dies ist eine sehr schlichte These in einer
vielschichtigen Gemengelage. Der einfache Begriff der Digitalsteuer
gaukelt vor, diese sei so etwas Konkretes wie eine Umsatz- oder eine
Gewinnsteuer – sie ist es aber mitnichten.
Der Wunsch nach der Digitalsteuer ist der Versuch, die Besteuerung
an die Unternehmenswelt im digitalen Zeitalter anzupassen, auf die
das bisherige System nicht mehr passt. Bislang knüpft der Fiskus bei
der Besteuerung an real existierenden Betriebsstätten an. Bei
digitalen Unternehmen wie etwa Google oder Facebook sucht man diese
vergebens. Ihr Geschäft ist der Austausch von Daten und deren
Verwertung. Dafür braucht es vor allem Rechnerkapazität, die an einem
nahezu beliebigen Ort in der Welt vorhanden sein kann. Das
traditionelle Betriebsstättenkonzept greift nicht mehr.
Die Steuermodelle, die auf diese neue Unternehmenswelt reagieren,
sind vielfältig. Sie zielen etwa auf die digitale Branche, setzen
beim Umsatz an oder sehen Aufschläge auf den Gewinn vor. Die
Haltung der Regierungen zum möglichen Eingriff in die Besteuerung
ist weltweit vielfältig. Denn es geht nicht nur um grundsätzliche
Fragen der Besteuerung – etwa ob die Sonderlast für eine bestimmte
Branche verfassungsrechtlich überhaupt haltbar ist -, sondern auch um
die internationale Verteilung von Steuersubstrat. Eine Besteuerung
beim Nutzer würde für Exportländer wie Deutschland Einbußen
bedeuten.
Die deutsche Wirtschaft warnt vor Doppelbesteuerung bei der
Einführung einer Digitalsteuer. Denn auch der digitale Wandel
traditioneller Industrieunternehmen würde diese in die Kategorie
eines Digitalunternehmens befördern. Die Digitalsteuer, die
eigentlich darauf zielt, Unternehmen überhaupt fiskalisch zu
belasten, würde dort obendrauf gezahlt. Die europäischen
Finanzminister werden in Kürze bei ihrem informellen Treffen auch
über die Digitalsteuer beraten. Ein Vorschlag der EU-Kommission liegt
vor. Eine grundsätzliche Lösung bleibt Brüssel aber schuldig. Dies
zeigt, die Digitalsteuer ist nichts für einen Schnellschuss. Der
Koalitionsvertrag verspricht nur eine „gerechtere Besteuerung“ der
Internetkonzerne. Ein kluger Kopf, der dies so allgemein hielt.
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