Börsen-Zeitung: Showdown, Kommentar zur WestLB von Bernd Wittkowski

Der Showdown WestLB gegen Brüssel (und gegen so
ziemlich den Rest der Welt) läuft. Noch zwölf Tage. Der EU-Kommission
droht der Geduldsfaden zu reißen, aber auch im
Bundesfinanzministerium (BMF) scheint die Langmut allmählich
erschöpft zu sein. Die Situation ist nach monatelangem Poker, der ja
einen zwei Dekaden alten Dauerkonflikt über Beihilfen als
Vorgeschichte hat, derart angespannt, dass jederzeit einer der
Beteiligten die Nerven verlieren könnte. Nicht von ungefähr warnt
Andreas Dombret, im Bundesbankvorstand für das Thema Finanzstabilität
zuständig, die Kommission davor, in einem fragilen Umfeld „unbedacht“
zu handeln und dadurch womöglich Stress auszulösen. Auch
wettbewerbsrechtlich zutreffende und gebotene Beihilfeentscheidungen,
so Dombret, seien auf ihre systemische Relevanz zu prüfen, um eine
Überreaktion zu vermeiden.

„Systemrelevanz“ ist das entscheidende Stichwort. Sie müssen
freilich nicht nur Europas Wettbewerbshüter unbedingt ins Kalkül
ziehen, sondern alle Akteure in diesem brandgefährlichen Spiel. Nur
so als Beispiel: auch die nordrhein-westfälischen Sparkassen. Denn
wie bei jedem Showdown droht als schlimmster Fall das Ergebnis „Wer
zuerst schießt, stirbt als Zweiter“.

Denkt man die vorstellbaren Szenarien zu Ende und unterstellt auf
der einen oder anderen Seite die nicht nur im Münsterland
anzutreffende Dickschädeligkeit, kommt man unschwer auf ein Finale,
bei dem es keinen Sieger, aber zahlreiche Verlierer gäbe, darunter
viele Unbeteiligte. Wer sich den Worst Case etwa unter der Chiffre
„Lehman 2“ ausmalt, überschätzt die Dimension und die Vernetzung der
drittgrößten Landesbank – nicht zuletzt auch als Derivate- und
Zertifikatehaus – innerhalb des Finanzsystems keineswegs.

Joaquín Almunia hat völlig recht, wenn er die Zeit für die
endgültige Beilegung der Causa WestLB nun gekommen sieht. Aber der
EU-Wettbewerbskommissar muss, ebenso wie das BMF und die
Finanzaufsicht, die Folgen der in Kürze zu treffenden Entscheidungen
gut bedenken. Und er sollte dabei auch berücksichtigen, dass die
Sparkassen als solche (nicht das eine oder andere regionale
Spitzeninstitut) in der Krise zu den stabilisierenden Stützen des
Systems gehörten. Andererseits stehen wiederum die Sparkassen in der
Verantwortung, das Ausspielen ihres Drohpotenzials nicht bis zum
Exzess zu treiben. Das könnte nämlich nicht weniger als ihr eigenes
Ende bedeuten.

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