Börsen-Zeitung: Sommermärchen, Kommentar von Andreas Hippin zum bevorstehenden Börsengang des Außenwerbers Ströer Out-of-Home Media

Kurz bevor sich die Mehrzahl der Anleger in die
Sommerpause verabschiedet, werden die Zeitfenster für
Kapitalmarkttransaktionen immer kleiner. Die über den Atlantik
schwappenden Ängste vor einem erneuten Einbruch der Weltkonjunktur
sorgen für gedämpfte Stimmung an den Aktienmärkten.

Da bedarf es schon eines Sommermärchens, um dem Kölner Außenwerber
Ströer Out-of-Home Media beim drittgrößten Börsengang des Jahres zu
einer Platzierung am oberen Ende der Preisfindungsspanne zu
verhelfen, die zwischen 17 und 24 Euro angesetzt wurde. Werbung ist
schließlich ein stark konjunkturabhängiges Geschäft.

Statt mutiger Helden und schöner Prinzessinnen wirft das
Unternehmen aber nur eine recht beliebig wirkende Auflistung von
Trends ins Rennen, durch die es sich begünstigt sieht: Mobilität,
Urbanisierung, Digitalisierung. Das klingt irgendwie dynamisch,
andererseits fallen einem nur wenige Firmen ein, die von diesen
Entwicklungen nicht profitieren würden.

Ströer ist vor allem eine Wette auf den Aufschwung. Kommt die
Konjunkturerholung, unterstellt die WestLB bis 2015 ein jährliches
Marktwachstum von 10% in Deutschland. Das Geschäft besteht darin,
leere Flächen von Kommunen oder Privatpersonen zu mieten – etwa an
Bushaltestellen oder in Bahnhöfen – und sie dann mit Plakatwänden zu
versehen, die wiederum als Werbeflächen weitervermietet werden. Dafür
braucht man einen langen Atem, die Eintrittsbarrieren sind hoch.
Gewinne erwirtschaften Außenwerber mit neu gebauten „Stadtmöbeln“ wie
modernen Litfaßsäulen oder großen Werbekästen an viel befahrenen
Straßen oft erst nach Jahren.

Ströer hat den deutschen Außenwerbemarkt erfolgreich konsolidiert.
Mit dem Emissionserlös will sich das Unternehmen den Aufstieg zum
Marktführer in zwei großen Schwellenländern finanzieren: in Polen und
in der Türkei. Allerdings wird damit gerechnet, dass die Gesellschaft
auch bei vollständiger Konsolidierung von Ströer Türkei und News
Outdoor Polen in diesem Jahr knapp drei Viertel ihres Umsatzes in
Deutschland erwirtschaftet. Dort ist angesichts der Überalterung
langfristig mit weniger Wachstum zu rechnen.

Höchste Zeit also, dass eine gute Fee das Sommermärchen zu einem
guten Abschluss bringt. Sonst könnte die Aktie am Ende noch günstiger
zu haben sein als gedacht.

(Börsen-Zeitung, 6.7.2010)

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069–2732-0
www.boersen-zeitung.de