Börsen-Zeitung: Sportlich, Kommentar zur Commerzbank von Bernd Wittkowski

Nein, heute kein Özil-Bashing. Aber Tatsache
ist, dass das extrem frühe Ausscheiden der deutschen
Fußballnationalelf bei der WM in Russland Spätfolgen zeitigt: in der
Geschäftsentwicklung der Commerzbank. Eine langjährige
Premium-Partnerschaft verbindet das Institut mit dem Deutschen
Fußball-Bund (DFB) und „der Mannschaft“. An einem TV-Spot zum
kostenlosen Girokonto wirkte neben Jogis Jungs sogar die gesamte
sportliche Leitung mit. Was dann geschah, dürfte manchen sonst
wechselwilligen Bankkunden verprellt haben. „Die Kampagne, die sehr
stark um die WM gestrickt war, ist leider ein bisschen früher zu Ende
gegangen, als wir uns das vorgestellt hatten“, so Commerzbank-CFO
Stephan Engels bei der Vorlage der Halbjahreszahlen. Man gewinnt,
aber man verliert eben auch „zsmmn“.

Doch auch unabhängig vom Misserfolg auf dem Fußballplatz spürt das
angehende Technologieunternehmen zunehmend die Grenzen und die
Kosten des Wachstums. Netto 2 Millionen neue Privatkunden, so das
2016 mit der Strategie „Commerzbank 4.0“ vorgegebene Ziel, sollen bis
2020 in Deutschland gewonnen werden. Aktuell steht der Zähler bei
800.000. Eine so ambitionierte, um nicht zu sagen aggressive
Expansion hat im beinharten Wettbewerb ihren Preis, den die Bank mit
Blick auf ihre Rentabilität nicht mehr unbedingt zu zahlen bereit
ist. Die Folge: ein abgeschwächtes Kundenwachstum. Umso erfreulicher
ist der Anstieg der Erträge und der schon jetzt über dem Ziel für das
Gesamtjahr liegenden „Assets under Control“ (Einlagen, Wertpapiere
und Kredite) in dieser Sparte.

Eine Enttäuschung stellt derweil die Korrektur des Ausblicks für
das Segment Firmenkunden dar. Hier wurde zwar das Neukundenziel
übertroffen, aber der spürbare Margendruck ist wiederum der Preis für
das Streben nach Wachstum auf einem erbittert umkämpftem Markt. Auch
die Anhebung der konzernweiten Kostenvorgabe für 2018 ist aus Sicht
des Publikums ernüchternd. Dass die Digitalisierung Geld kostet und
Bankenabgaben fällig werden, hätte man doch vorher wissen können.
Dies alles in Verbindung mit den teils positiv überraschenden, über
den Analystenerwartungen liegenden Quartalsergebnissen zeugt
allenfalls von einer durchwachsenen Performance. Die Börse brauchte
am Dienstag lange, sich einen Reim darauf zu machen.

Engels– beste Nachricht ist vielleicht diese: Das Jahr, sagt er,
hat zwei Hälften, bilanztechnisch ist erst eine vorbei. Klar ist aber
auch, dass die Commerzbank zu ihren Zielen 2020 jetzt noch
sportlicher unterwegs sein muss.

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