Unilever-Chef Paul Polman macht Ernst. Zum
zweiten Mal binnen zwölf Monaten greift er den größten Konkurrenten
Procter & Gamble auf dessen Heimatmarkt an. Nach Teilen des
US-Konkurrenten Sara Lee will Unilever jetzt auch noch Alberto Culver
schlucken. Insgesamt rund 4 Mrd. Euro in bar lässt Polman für beide
Zukäufe springen und schiebt sich auf dem größten Konsumentenmarkt
der Welt, den USA, im Haarpflegegeschäft an L–Oréal vorbei.
Der Unilever-Lenker, der Anfang 2009 mitten in der
Wirtschaftskrise das Ruder übernahm, hat dem zweitgrößten
Non-Food-Konsumgüterkonzern der Welt eine strategische Kehrtwende
verordnet und dabei auch gleich noch den Turbo eingeschaltet. Während
die alte Führung relativ einseitig auf Kostensenkungen und
Portfoliobereinigung setzte, geht Polman extrem forsch in die
Offensive. Marktanteile bedeuten ihm viel. Der chronisch
wachstumsschwache niederländisch-britische Riese Unilever heizte mit
einem Mal den Wettbewerb mit Preissenkungen und erhöhten
Marketingausgaben kräftig an. Zudem hat Polman, der vor längerer Zeit
pikanterweise auch einmal bei Procter & Gamble sein Geld verdiente,
mit seinem Tempo bei Akquisitionen im Milliardenbereich nicht wenige
Beobachter verblüfft.
Zwei Deutungen sind möglich: Entweder will hier einer, dem sein
Ex-Arbeitgeber Nestlé den Chefsessel verweigerte, mit Brachialgewalt
beweisen, was für ein toller Hengst und Manager er ist, oder er hat
tatsächlich wie kaum ein anderer in der Branche die Zeichen der Zeit
erkannt und die sich bietenden Gelegenheiten ergriffen.
Für ein abschließendes Urteil ist es zu früh. Polman muss zeigen,
dass er den Margendruck, der mit seiner aggressiven Preisstrategie
einhergeht, mittelfristig unter Kontrolle halten kann. Und er muss
wohl dosieren, da gerade bei Markenartikeln durch Preissenkungen
schnell irreparable Imageschäden drohen.
Gleichzeitig steht Polman vor der Aufgabe, seine Zukäufe
einzutüten und die versprochenen Synergien zu heben. Denn nur so kann
er den recht hohen Preis für Alberto Culver, die das 14fache des
Ebitda kosten soll, rechtfertigen. Den Beweis, dass er gut
integrieren kann, muss Polman noch liefern. Denn auch die
Sara-Lee-Akquisition ist wegen der verlängerten Prüfung durch die
Kartellwächter noch nicht über die Bühne.
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