Vielleicht wird ja demnächst in Thessaloniki ein
Ölfeld entdeckt oder in Athen eine Goldader. Wenn nicht, wird es arg
schwierig für die Griechen, Investoren davon zu überzeugen, dass sie
mittelfristig ohne Umschuldung auskommen.
Der Argwohn sitzt tief – und selbst milliardenschwere Spar- und
Privatisierungsprogramme wirkten zuletzt nicht mehr
vertrauensbildend. Die Regierung in Athen beschwört zwar täglich,
dass sie unter allen Umständen durchhalten will. Aber immer mehr
Investoren warten darauf, dass sie aufgibt. Die Geier versammeln sich
schon, weil anscheinend die Kapitulation naht.
Natürlich wird auch in der EU-Kommission und in Europas
Hauptstädten über die griechische Tragödie nachgedacht – und darüber,
wie sie zumindest glimpflich ausgehen könnte. Da niemand auf einen
Deus ex Machina vertraut, der auf göttliche Weise die Probleme löst,
machen sich Minister und EU-Kommissare Gedanken über weltliche
Optionen – eben auch über Umschuldungen. Laut sagen dürfen sie das
aber nicht, denn die Investoren würden jede Bestätigung offizieller
Überlegungen, egal wie unausgegoren, sofort als Fait accompli
umdeuten.
Die fatale Konsequenz dieser erzwungenen Unaufrichtigkeit ist,
dass das Vertrauen in das europäische Krisenmanagement schwindet. Die
Basisfinnen sind am Wochenende zum Symbol dieser tiefsitzenden
Skepsis am Sinn und Erfolg gegenseitiger finanzieller Unterstützung
in der Währungsunion geworden.
Der Wahlerfolg der Partei hat erhebliche Weiterungen. Vielleicht
mag es ja gelingen, dass die Euro-Partner den Portugiesen trotzdem
beispringen – denn noch ist nicht ausgemacht, dass die künftige
finnische Regierung das Portugal-Paket tatsächlich blockiert. Aber
spätestens von nun an ist klar, dass Entscheidungen rund um den
Euro-Schirm nicht nur bei Investoren allergische Reaktionen
provozieren können, sondern auch bei Wählern. Die Hoffnung, dass sich
nach dem EU-Gipfel im März eine Zeit der Ruhe einstellen würde,
erweist sich als Trug.
Eigentlich war ja der Plan, das Krisen-Trio Irland, Griechenland
und Portugal zu isolieren und Spanien und Italien deutlich davon zu
entkoppeln – und sich frühestens dann zu trauen, offiziell über
sensible Themen wie eine Umschuldung Griechenlands zu sprechen. Die
Zeit, so glaubten viele, würde für Europa spielen. Doch es ist nicht
gesagt, dass die Ansteckungsgefahr in den nächsten Wochen weiter
abnimmt. Und es ist ohnehin schwierig, die Debatte lange
aufzuschieben. Denn auch Geier werden irgendwann ungeduldig.
(Börsen-Zeitung, 19.4.2011)
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