Der Atomkompromiss der Regierung kommt nicht aus
den Negativschlagzeilen heraus. Nach den zu befürchtenden
Wettbewerbsproblemen standen zuletzt vor allem die Vereinbarungen mit
den Atomkonzernen über deren Zahlungen in einen Öko-Förderfonds am
Pranger: Von einem Montag früh um 5.23 Uhr unterzeichneten
Geheimabkommen war die Rede, das der Öffentlichkeit verschwiegen
wurde. Und es wurde der fatale Anschein erweckt, Kungeleien zwischen
der Regierung und der Atomwirtschaft seien in einer
Nacht-und-Nebel-Aktion hier fixiert worden.
Es zeigt sich jetzt aber, dass die unterzeichneten
Interessensbekundungen durchaus kluge Ansätze enthalten: Die
Atomkraftwerksbetreiber verpflichten sich demnach, bis 2016 insgesamt
1,4 Mrd. Euro in einen Fonds zur Förderung erneuerbarer Energien zu
zahlen. Danach werden die Beiträge der Unternehmen unter anderem an
die Inflation und den Strompreis gekoppelt, damit der Staat immer
mehr als die Hälfte der Zusatzgewinne aus dem längeren Betrieb der
Atommeiler abschöpfen kann. Darauf hatten alle Beteiligten zwar schon
in den Stunden nach der Einigung hingewiesen. Es ist in der
Öffentlichkeit aber schlicht untergegangen.
Daher ist es gut, dass die Bundesregierung sich nun endlich dazu
durchgerungen hat, das Eckpunkte-Papier, das Teil des
Atomkompromisses ist, im Detail zu veröffentlichen. Warum eigentlich
nicht gleich so? Es ist doch unstrittig, dass solche Verabredungen
über Zahlungen in Milliardenhöhe der Schriftform bedürfen. Die
Regierung muss sich absichern. Und die Konzerne werden ihren
Aktionären ebenfalls erklären müssen, auf welcher Grundlage sie so
viel Geld in einen Öko-Fonds einzahlen.
Fast noch interessanter als die Vereinbarungen sind aber ohnehin
die Punkte, die sich nicht in dem Papier wiederfinden. So wird das
Thema Atommüll völlig ausgeklammert. Die Konzerne haben es geschafft,
die Sanierung des maroden Lagers Asse komplett auszublenden. Hierfür
werden nun aus dem Bundesetat mehrere Milliarden Euro fließen. Ein
großer Teil der neuen Kernbrennstoffsteuer wird hierfür eingeplant
werden müssen. Und durch die im Schnitt zwölf Jahre längeren
Laufzeiten der Meiler werden 4400 Tonnen zusätzlicher Atommüll
produziert. Was damit passiert, steht ebenfalls nicht in der
Vereinbarung. Aber das kann man um 5.23 Uhr ja schon mal vergessen.
(Börsen-Zeitung, 10.9.2010)
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