Börsen-Zeitung: Vorsicht Ausblick! Kommentar zur Berichtssaison von Walther Becker

Vor Steuern und Zinsen 15 Mrd. Euro verdient und
211 Mrd. Euro eingenommen: keine schlechte Zwischenbilanz für 15
Dax-Konzerne aus der deutschen Industrie, die bisher über den
Geschäftsverlauf im dritten Quartal berichtet haben. Allerdings fehlt
darin der horrende Verlust, mit dem sich das US-Abenteuer der
Deutschen Telekom bilanziell rächt.

Die Telefongesellschaft eingerechnet sind die operativen
Dax-Gewinne um 65% eingebrochen, bleibt der T-Konzern außen vor,
beträgt das Minus bescheidene 8%. Doch der nicht cashwirksame Verlust
ist in der Tat ein Sondereffekt, der bei der Momentaufnahme für den
Dax herauszurechnen ist. Als Maßstab taugt der Umsatz und der legte
bei den 16 Unternehmen um 11% zu, trotz Staatsschuldenkrise mit
vielfach lahmendem Europageschäft. Hinter den aggregierten Zahlen
verbergen sich teils enorme Ergebnisfortschritte – ob Beiersdorf, die
mit einem Plus von 30% im operativen Ergebnis vorne liegt, oder der
Lufthansa. Dax-Rückkehrer Continental hat den Überschuss mehr als
verdoppelt. Das höchste Ergebnis zeigt trotz des Rückganges um ein
Fünftel VW mit 2,3 Mrd. Euro, gefolgt von BMW, BASF, Daimler und
Siemens.

„Auf Kurs in einem volatilen Umfeld“ – dieses Leitmotiv von Frank
Appel, dem Chef der Deutschen Post DHL, könnte über vielen
Zwischenberichten stehen. Dabei peilt der weltweit führende
Logistikkonzern, der stärker als die amerikanischen Rivalen in Asien
verdrahtet ist, ein Rekordergebnis im Schlussquartal an. Andere,
insbesondere in der Autoindustrie, sind vorsichtiger und müssen sich
anstrengen, ihre Prognose zu erfüllen.

Auch wenn die bisher vorgelegten Resultate per saldo im Rahmen der
Erwartungen ausfallen, die Aussichten sind unsicherer denn je.
Vorsicht Ausblick, sagt sich der Investor. Keine Prognose geben
Dax-Chefs, was der Aktionär vom vergleichsweise guten Abschneiden hat
– mit Ausnahme der Telekom, die zwar die Dividende je Aktie trotz des
Verlusts von 8,6 Mrd. Euro hält, aber die Ausschüttung nach dem
Aktienrückkauf kürzt.

Die Finanzierungsmärkte sind offen, wie Corporate Bonds und die
2,5 Mrd. Euro schwere VW-Pflichtwandelanleihe zeigen. Und trotzdem
sind Übernahmen rar, was zeigt, wie vorsichtig Manager in diesem
Umfeld in der Mittelverwendung agieren. Doch bloß Cash-flow bunkern
gilt nicht: So könnte der Ausschüttungsrekord 2007 von 28 Mrd. Euro
diesmal getoppt werden. Bei einer Dividendenrendite von zirka 4% sind
angesichts mager verzinster Alternativen die Perspektiven nicht
schlecht. Trotz vorsichtiger Ausblicke.

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