Das Risiko, dass zwischen den USA und China ein
regelrechter Handelskrieg ausbricht, ist mit der jüngsten Ankündigung
von US-Präsident Donald Trump, auf chinesische Produkte im Wert von
200 Mrd. Dollar womöglich einen Zoll von 25% statt wie zuerst geplant
10% zu erheben, eher gestiegen. Dass China am Freitag angekündigt
hat, auf US-Produkte im Wert von 60 Mrd. Dollar Zölle zu erwägen,
macht es nicht einfacher. Dass Grund zur Sorge besteht, zeigt auch
die Intervention der People–s Bank of China, höhere Reserven für
Devisentermingeschäfte zu fordern, um unerwünschten Kapitalabfluss
aus dem Land zu bremsen, der die chinesische Währung schwächt und den
Handelskonflikt auch zu einem Währungskrieg machen könnte.
Die Sorgen, dass durch die Handelsstreitigkeiten das
Weltwirtschaftswachstum spürbar gedämpft wird, sind auch aus einem
anderen Grund gestiegen. Der Einkaufsmanagerindex für neue
Exportaufträge zeigte im Juli in China eine Schrumpfung: Er fiel den
vierten Monat in Folge, und zwar auf 48,4. Ein Wert unter 50
signalisiert eine Kontraktion. Auch in Europa gibt es Anzeichen einer
Abschwächung der Wirtschaftsdynamik, und Pessimisten werden auf die
US-Arbeitsmarktstatistik vom Freitag verweisen, wo weniger neue
Stellen geschaffen worden sind als erwartet – wohlgemerkt vor dem
Hintergrund einer Hochkonjunktur. Zudem wurde die Zahl neuer Stellen
für die vorangegangenen zwei Monate nachträglich deutlich
hochgeschraubt.
Als ein Frühindikator für viele Wachstumsauguren gilt auch der
Kupfermarkt. Hier gibt es einen gewissen Preisdruck, wie sich am
Beispiel Kupfer zeigt. Die Streikankündigung in der wichtigen
Escondida-Mine in Chile hat den Notierungen zum Wochenschluss kaum
Auftrieb gegeben. Insgesamt hat Kupfer im Monatsvergleich laut der
Commerzbank rund 6% verloren. Chiles staatliche Kupferkommission
Cochilco hat im Juli ihre Preiserwartungen etwas gesenkt und erwartet
nun für 2018 und 2019 einen Kupferpreis von 6615 beziehungsweise
6835 Dollar je Tonne – was aber deutlich über dem derzeitigen
Preisniveau liegen würde. Die Senkung gegenüber früheren Prognosen
begründete Cochilco mit anhaltenden globalen Handelsspannungen. Auch
für andere Industriemetalle wie Blei (-11,5%), Nickel (-7,5%) und
Zink (-8,4%) gingen die Notierungen im Monatsvergleich klar nach
unten.
Doch gilt es die Proportionen zu wahren. Laut Schätzungen von
Experten dürfte die Umsetzung der derzeit angedrohten Zölle das
globale Wirtschaftswachstum um 0,3 bis 0,5 Prozentpunkte pro Jahr
dämpfen. Das ist nicht wenig, aber auch nicht der Weltuntergang. Denn
bisher haben sich trotz allen rhetorischen Säbelrasselns kaum
Bremsspuren im internationalen Handel gezeigt. So hat sich das
US-Handelsdefizit bis dato 2018 nicht abgebaut, sondern ist
gewachsen: In den ersten sechs Monaten stieg es von 272 Mrd. Dollar
auf 291 Mrd. Dollar. Gut möglich, dass es den Vorjahreswert von 552
Mrd. Dollar übertrifft und auf den höchsten Stand seit 2008 steigen
könnte. Mit ein Grund sind höhere Arzneimittel- und Ölimporte.
Auch sind die chinesischen Kupferimporte im ersten Halbjahr laut
Reuters um über 16% gestiegen und damit schneller als im ersten
Halbjahr 2017. Auch in den Daten der Welthandelsorganisation WTO ist
kein Einbruch zu sehen – die Exporte haben global im ersten Quartal
stagniert. Aktuellere Zahlen liegen derzeit noch nicht vor.
Ob das globale Wachstum auf dem derzeitigen Niveau anhalten kann,
dürfte stark an Peking und Washington liegen: Gelingt es den
Regierungen, mit ihren Interventionen die gewünschte Wachstumsdynamik
aufrechtzuerhalten, spricht nichts gegen eine Fortsetzung des
Wachstums. In den USA tragen die Steuererleichterungen dazu bei, dass
die negativen Folgen von Strafzöllen gemildert werden und sich das
Wachstum fortsetzen kann. Nicht zu vergessen sind auch die
Verquickungen zwischen den USA und China: Chinesische Unternehmen
haben 2017 in rekordhoher Summe auf Dollar lautende Anleihen
emittiert.
Die Devise heißt also: Wachstum trotz allem. Das könnte auch im
Kupfermarkt zu Eindeckungskäufen führen. Laut Société Générale
befindet sich die Short-Position der Finanzinvestoren auf dem
höchsten Stand seit 2006. Die Kehrseite der Medaille ist, dass
Wachstum, das in so hohem Maße wie jetzt von staatlicher Intervention
abhängig ist, auf Dauer ungesund ist – gerade wenn dadurch die
Schulden stark steigen oder einfach Geld verpulvert wird.
(Börsen-Zeitung, 04.08.2018)
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