Vergleicht man die aktuelle Situation an den
Märkten mit derjenigen vor einer Woche, so ist ein wesentliches
Hindernis aus dem Weg geräumt: Das griechische Parlament hat dem
drastischen Sparpaket der Regierung zugestimmt. Nun geht es nur noch
um die genaue Ausgestaltung der Finanzhilfen für das hochverschuldete
Land. Dass die Mittel fließen werden und dass damit ein
Staatsbankrott vermieden wird, der wohl noch in diesem Monat erfolgt
wäre, wird von praktisch keinem Beobachter mehr bezweifelt. Zumal
sich nun auch die Banken in einem wenn auch bescheidenen Ausmaß an
der Rettung beteiligen.
Zudem sahen am Freitag die in den USA hereinkommenden
Konjunkturdaten gar nicht schlecht aus. Der ISM-Einkaufsmanagerindex
für das verarbeitende Gewerbe fiel mit 55,3 Punkten nach 53,5 im
Vormonat überraschend stark aus. Erwartet worden war ein Rückgang auf
52 Punkte, womit sich der Index nur noch knapp oberhalb der Marke von
50 Punkten gehalten hätte, deren Unterschreiten eine Kontraktion in
dem Sektor anzeigt. Damit ist zwar die Gefahr als gebannt zu
betrachten, dass die größte Volkswirtschaft der Welt einen „Double
Dip“ erleidet, also in die Rezession zurückfällt. In den Himmel
wachsen die Bäume in den USA aber gleichwohl nicht.
Risikoprämien gesunken
Mit Blick auf die Entscheidung in Griechenland und die
Konjunkturdaten haben sich die Aktienmärkte in den vergangenen
Handelstagen und auch am Freitagnachmittag freundlich entwickelt. Der
Euro legte deutlich zu, bevor dann am Freitag der
US-Einkaufsmanagerindex eher dem Greenback zugute kam. Und an den
Credit-Märkten sind bei den Anleihen der hochverschuldeten Staaten
der Europäischen Union (EU) nachgebende Risikoprämien zu beobachten.
Nun wäre es aber verfrüht, aus den durchaus positiven Entwicklungen
zu schließen, dass die Märkte in ein ruhigeres Fahrwasser geraten
sind, mit deutlichen Kursanstiegen bei Aktien, ausgeprägten
Spread-Einengungen bei Credits und einem festeren Euro. Es sind noch
genügend Risiken vorhanden, die die Märkte in Schach halten werden.
Dabei ist die mit hoher Wahrscheinlichkeit am Donnerstag erfolgende
Leitzinserhöhung durch die Europäische Zentralbank (EZB) von 1,25%
auf dann 1,5% noch das kleinste Problem. Der Schritt wird an den
Märkten erwartet. Er ist von EZB-Chef Jean-Claude Trichet mit
hinreichender Deutlichkeit angekündigt worden und daher längst
eingepreist.
Die größte kurzfristige Gefahr liegt zweifellos darin, dass die
USA wegen des Streits zwischen den Demokraten und der
Obama-Administration auf der einen Seite und den zunehmend
fundamentalistischer agierenden Republikanern auf der anderen Seite
per 2. August zahlungsunfähig werden. Die Frist für eine Einigung
läuft sogar noch deutlich früher ab: Damit die notwendige
Gesetzgebung auf den Weg gebracht werden kann, muss eine Einigung bis
zum 22. Juli erfolgen. Kommt diese nicht zustande, könnten die Folgen
hart sein. Vertreter von Ratingagenturen haben bereits durchblicken
lassen, dass sie US-Staatsanleihen von „AAA“ auf „D“ („Schuldner ist
in Zahlungsverzug, Anleihe ist notleidend“) herabstufen könnten, auch
wenn es sich nur um ein temporäres Problem und keinesfalls um einen
waschechten Staatsbankrott handelt.
Unerfreulich ist in diesem Zusammenhang die Amtsmüdigkeit von
US-Finanzminister Timothy Geithner, der Präsident Barack Obama oft
als Mann fürs Grobe gedient hat, womit er auch in den Verhandlungen
mit den Republikanern nützlich sein könnte. Darüber hinaus ist die
konjunkturelle Lage enttäuschend – trotz des besser als erwartet
ausgefallenen US-Einkaufsmanagerindex. Nach wie vor sehen
insbesondere in Europa viele Makrodaten nicht sonderlich gut aus. Ein
Beispiel dafür sind die Einkaufsmanagerindizes, die sich als recht
zuverlässige konjunkturelle Frühindikatoren erwiesen haben. Sie sind
in den vergangenen Monaten sehr schwach gewesen.
Dies zusammen mit der Tatsache, dass die Gewinnerwartungen der
Analysten mit Blick auf die Konjunkturflaute zu optimistisch sind,
dürfte dafür sorgen, dass sich das Sommerloch am Aktienmarkt
fortsetzt. Und da die Griechenland-Krise noch lange nicht als
dauerhaft gelöst betrachtet werden kann, wird auch der Euro nicht
nachhaltig gegenüber dem Dollar zulegen und die Credit Spreads
dürften auf ihren hohen Niveaus verharren. Somit bleibt den Anlegern
nur, auf bessere Zeiten und damit auf den Herbst zu warten, wenn die
Konjunkturflaute wohl allmählich überwunden sein wird.
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