Börsen-Zeitung: Wenn gut nicht gut genug ist, Kommentar zu Daimler von Peter Olsen

Bei Daimler wird man sich nach der gestrigen
Bilanzvorlage fragen, wie man die Rekordzahlen für 2015 noch besser
hätte „verkaufen“ können. Denn nach Vorlage der goldgeränderten
Geschäftsergebnisse und eines weiterhin zuversichtlichen Ausblicks,
der angesichts des erreichten Rekordniveaus naturgemäß etwas
moderater ausgefallen ist, sackte die Daimler-Aktie in der Spitze um
6% ab.

Gemeinhin wird so etwas gerne als Gewinnmitnahme abgetan – aber
die Daimler-Aktie ist in diesem Jahr damit schon um ein Fünftel
abgerutscht. Welche Gewinne sollen da eigentlich mitgenommen werden?
Es scheint so, dass mit Blick auf die volatilen Märkte weltweit viele
der Marke mit dem Stern für 2016 doch noch mehr zugetraut haben. Gut
ist aus Sicht dieser Klientel einfach nicht gut genug.

Das aber wird der Leistung und den Chancen von Daimler nicht
gerecht. Klar, Frontmann Dieter Zetsche hat mit dem markigen Spruch
„Das Beste oder nichts“ enorm hohe Erwartungen geschürt. Bis jetzt
hat der Konzern aber auch geliefert. Wer noch vor Jahren über die
Zielvorgabe gelächelt hatte, die im Wettbewerb mit der deutschen
Premiumkonkurrenz hinter BMW und Audi auf Rang 3 zurückgefallene
Stuttgarter Marke wolle bis 2020 wieder die Führungsrolle in dem
Marktsegment übernehmen, muss heute konstatieren, dass Daimler auf
bestem Weg dorthin ist. VWs Premiummarke Audi ist schon überholt, im
Kerngeschäft ist Mercedes BMW auf den Fersen.

Und Zetsche kann weiter auf das starke Momentum des Konzerns dank
der jüngsten Modellpalette im Konkurrenzvergleich und des noch immer
bestehenden Nachholpotenzials im größten Automarkt China bauen. Auch
wenn wegen weiter steigender Investitionen zur Zukunftssicherung und
zur weiteren Steigerung der Effizienz das operative Ergebnis dieses
Jahr nur leicht zulegen dürfte und die Umsatzrendite vielleicht von
ihrem letztjährigen Hoch von 10% wieder etwas herunterkommen sollte,
bleibt festzuhalten: Daimler schaltet keinen Gang zurück. Das
erreichte Spitzentempo auch in der Modelloffensive soll gehalten
werden.

Vom Rekordergebnis 2015 bleibt für jeden etwas. Die Aktionäre
werden mit einer um ein Drittel höheren Dividende von insgesamt 3,5
Mrd. Euro verwöhnt, an die im Inland berechtigten Beschäftigen wird
mit 700 Mill. Euro so viel wie noch nie verteilt – da wird die
VW-Belegschaft Augen machen! – und ins Pensionsvermögen wird eine
weitere Milliarde gesteckt. Und eine Dividendenrendite von über 5%
ist auch nicht von Pappe.

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