Börsen-Zeitung: Wenn Logik Probleme schafft, Kommentar zum Zusammenschluss des Bergbaukonzerns Xstrata mit dem Rohstoffhändler Glencore, von Martin Dunzendorfer.

Der Zusammenschluss des Bergbaukonzerns Xstrata
mit dem Rohstoffhändler Glencore folgt – wie die Partner auch betonen
– industrieller Logik. Mit der Verschmelzung entsteht ein in der
Branche bisher einzigartiges Unternehmen, das von der Suche nach
neuen Vorkommen über deren Abbau, Veredelung und Transport bis hin
zum Verkauf an die Endverbraucher die gesamte Wertschöpfungskette
abdeckt.

Bislang verdient Glencore ihr Geld ganz überwiegend mit dem An-
und Verkauf von Rohstoffen. Der Handel gilt aber als margenschwach.
Xstrata ist als klassische Minengesellschaft u.a. führend in der
Produktion von Kraftwerkskohle, Zink und Ferrochrom. Das Geschäft
wirft hohe Renditen ab, ist aber volatil, weil konjunkturabhängig.

Nach der Fusion wird Xstrata die produzierten Rohstoffe noch mehr
als bisher in das Handelsnetz von Glencore einspeisen – aber dann zu
einer günstigeren Zeit, auch weil der auf der Absatzseite tätige
Partner früh signalisieren wird, wenn wegen eines absehbaren
Angebotsüberhangs eine Drosselung der Förderung zu empfehlen ist oder
wegen eines zu erwartenden Defizits eine Produktionsausweitung.
Dadurch werden die Konzernerträge optimiert. Umgekehrt wird Glencore
von mehr Informationen über die Fördersituation durch Xstrata
profitieren. Zudem wird die Größe der Gruppe Investitionen in
Projekte ermöglichen, die für jede der beiden Parteien allein bislang
schlichtweg zu kostspielig und zu risikoreich gewesen wären.

Die Verschmelzung der beiden Rohstoffkonzerne hat also aus Sicht
von innen durchaus ihren Charme. Wäre da nur nicht der Argwohn der
Konkurrenz. Aus den gleichen oder ähnlichen Gründen, mit denen
Xstrata und Glencore für ihre Fusion werben, dürften Branchenriesen
auf Produzentenseite wie BHP Billiton, Rio Tinto, Vale und Anglo
American künftig ihre Rohstoffe lieber durch Rivalen von Glencore
absetzen lassen, etwa die beiden schweizerisch-niederländischen
Konzerne Trafigura und Vitol und die amerikanische Cargill.
Schließlich bleibt Xstrata ein Rivale, gegen den es zu punkten gilt.
Allein durch ein Angebot von Rohstoffen an Glencore würde aber
Xstrata wertvolle Informationen über die Wettbewerbslage erlangen.
Und wer stellt schon gern vertrauliche Daten der Konkurrenz zur
Verfügung? So wird die „industrielle Logik“ auch beträchtliche
Probleme schaffen. Noch mehr, wenn andere Rohstoffproduzenten dem
Vorbild folgen und sich mit Händlern zusammentun. Die
Glencore-Rivalen Trafigura und Vitol sind noch in privater Hand.

(Börsen-Zeitung, 8.2.2012)

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