Volkswagen steht vor einem Wechsel an der
Konzernspitze, aber es kündigt sich noch mehr an. Der gestrigen
Mitteilung, dass eine Weiterentwicklung der Führungsstruktur für den
Konzern folgen werde, die mit personellen Veränderungen im Vorstand
und mit Änderungen bei den Ressortzuständigkeiten im Vorstand
verbunden wäre, dürfte in Kürze auch ein Konzept folgen, mit welcher
Struktur und Organisation der weltgrößte Fahrzeugbauer den
anstehenden Wandel in das Zeitalter der alternativen Antriebe, des
autonomen Fahrens und der neuen Mobilitätsdienstleistungen zu
bewältigen gedenkt.
Gut 30 Monate nach dem Bekanntwerden des Dieselabgasskandals, der
den Konzern erschüttert hat wie keine Krise zuvor, stehen die
Wolfsburger vor einer weiteren Zäsur. Nach der Stabilisierung eines
im Herbst 2015 zutiefst verunsicherten Autobauers, der sich am Rande
seiner Existenz wähnte und der sich nach wie vor mit
Krisenbewältigung befassen muss, stehen Entscheidungen an, wie der
schwer regierbare Moloch aus Wolfsburg mit seinen mehr als 600.000
Beschäftigten und 120 Produktionsstätten künftig effektiver gesteuert
werden kann. Volkswagen will Antworten auf die Frage geben, wie das
Zusammenspiel von Konzern und Marken in der für die weitere
Branchenentwicklung entscheidenden nächsten Dekade am besten
funktionieren kann.
Parallel zur Aufarbeitung der Dieselkrise hat der Autobauer an
der Neustrukturierung und der Effizienzüberprüfung seiner Prozesse
gearbeitet. Nun steht das Ergebnis an. Volkswagen folgt einem Trend,
der am Kapitalmarkt offenbar Erfolg verspricht. In der
Autoindustrie hat Daimler die Umwandlung in eine Holding
eingeleitet, um schneller auf den Wandel in der Branche reagieren zu
können. Auch der Zulieferer Continental erwägt aus diesem Grund einen
organisatorischen Umbau.
Der anstehende Beschluss des Aufsichtsrats, Herbert Diess, seit
Juli 2015 an der Spitze der Kernmarke Volkswagen, zum Nachfolger von
Matthias Müller als Konzernchef zu berufen, ist da eine Seite
derselben Medaille. Der frühere BMW-Vorstand hat bewiesen, dass er
bei VW mit den Einflussnahmen der Arbeitnehmerseite und der Politik
umzugehen versteht. Den Weg der lange kriselnden VW-Marke zu mehr
Effizienz hat er eingeleitet und sich damit Respekt verschafft. Als
Konzernchef wird er sich auch darum kümmern müssen, sich wirksamer
und geschickter als sein Vorgänger um die Aufklärung des
Abgasskandals zu bemühen. Der Stabwechsel zu Diess, fünf Jahre jünger
als Müller, der bald 65 wird, erscheint schlüssig.
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