Die deutsche Wirtschaft ist in Partylaune, und
auch die Maschinenbauer dürfen an der Sause teilnehmen – allerdings
vorerst nur als Zaungast. Dabei kann die an der Börse noch
unterrepräsentierte Schlüsselbranche der heimischen Industrie mit
enormem Wachstum auftrumpfen: Im Juni kamen sage und schreibe zwei
Drittel mehr Bestellungen herein als ein Jahr zuvor. Schon der Mai
war ähnlich gut gelaufen.
Deutsche Maschinen sind weltweit wieder gefragt, vor allem in
China, Brasilien und Indien, aber auch im Heimatmarkt. Dennoch
spiegelt sich in den hohen prozentualen Zuwächsen kein neuer Boom,
sondern vor allem, wie tief der Maschinenbau in der Krise gefallen
ist. Es gilt die simple mathematische Weisheit, dass man nach einer
Schrumpfung von 50% um 100% wachsen muss, um das alte Niveau zu
erreichen. Von Rekorden sind die Maschinenbauer aber weit entfernt.
Im vergangenen Jahr sackte die Produktion um 25% ab, im laufenden
Turnus wird sie sich mit einem erwarteten Plus von 3% nur leicht von
dem Sturz erholen.
Das unterscheidet die spätzyklische Investitionsgüterbranche, die
der allgemeinen Entwicklung üblicherweise einige Monate
hinterherhinkt, fundamental von der Lage in anderen Industriezweigen.
So sind Chemie- und Industriegasehersteller längst wieder auf dem Weg
zu alter Stärke. Während sie die Krise schon verdaut haben, knabbert
der Maschinenbau noch an ihren Folgen. Das zeigt sich auch in den
Aktienkursen. Papiere von BASF oder Linde notieren nur knapp unter
ihren 2008 erreichten Höchstständen, während sich Aktien prominenter
deutscher Maschinenbauer wie Gea, Gildemeister oder Heidelberger
Druck erst langsam vom Tiefenrausch erholen.
Für den Maschinenbau ist die Krise also noch lange nicht vorbei.
Aber immerhin ist das Flaggschiff der deutschen Exportindustrie nach
dem schweren Sturm in ruhiges Fahrwasser gekommen. Und so lautet das
Kommando von der Brücke in den Maschinenraum: halbe Kraft voraus. Die
See ist ruhig, aber Eisberge sind in Sicht. Die Schuldenkrise zwingt
viele Länder zum Sparen, und die Konjunkturprogramme, die zuletzt für
Rückenwind sorgten, laufen aus. Für Maschinenbauer, deren Aktionäre
und Gläubiger besteht daher kein Anlass, sich von der Partylaune
anstecken zu lassen und Champagner auf dem Sonnendeck zu schlürfen.
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